„Jakob der Lügner“ von Frank Bayer war 1975 der erste DEFA-Film im Offiziellen Programm der Berlinale. Er bekam einen Silbernen Bären und wurde später für den Auslands-Oscar nominiert. Vorausgegangen waren langjährige Bemühungen von Seiten der Berlinale, mit Ost-Berlin ins Gespräch zu kommen. Erst die neue Ostpolitik Willy Brandts brachte in den 1970er Jahren auch in den filmischen Austausch zwischen Ost und West Bewegung. 1974 lief der erste sowjetische Film auf der Berlinale. Damit war auch die Tür für den kleinen „Bruder“ DDR ein Stück weit offen.
So kam „Jakob der Lügner“ auf die Berlinale. Davon gibt es inzwischen ein amerikanisches Remake, das freilich dem Original nicht das Wasser reichen kann. Nach einer literarischen Vorlage von Jurek Becker erzählt der Film die tragikomische Geschichte des Juden Jakob im Warschauer Ghetto unter deutschen Okkupation während des Zweiten Weltkriegs, der ein Radio für sich erfindet und seine Umgebung mit erfundenen positiven Nachrichten tröstet. Doch dann droht der Schwindel aufzufliegen… Den modernen Klassiker „Jakob der Lügner“ gibt es natürlich schon seit Längerem von „Icestorm Entertainment“ auf DVD. In der neuen Edition „DEFA-Filme auf der Berlinale“ darf er natürlich nicht fehlen. Ebenfalls dabei Bayers „Der Aufenthalt“ von 1982. Im Westen Deutschlands kaum bekannt, ist bei dieser Gelegenheit ein Meisterwerk zu entdecken. Dank „Jakob der Lügner“, war auch Frank Beyer eine gute Adresse. 1982 sollte sein Film „Der Aufenthalt“ bei der Berlinale gezeigt werden. Es geht um einen jungen deutschen Soldaten, der nach 1945 als Strafgefangener in ein Gefängnis in Polen kommt.
Sylvester Groth spielte hier seine erste große Rolle.Sowohl die Berlinale als auch die DEFA befanden den „Aufenthalt“ festivalgeeignet. Doch es kam nicht dazu. Eine Intervention Polens verhinderte die Vorführung. Zu diesem Zeitpunkt spielte jedoch die Bearbeitung der NS-Vergangenheit in den DEFA-Produktionen kaum mehr eine Rolle. Allen voran Wolfgang Kohlhaase ging es in den Drehbüchern um den Alltag in der DDR:
Bekanntestes Beispiel ist dafür „Solo Sunny“ Regie: Konrad Wolf, Buch: Wolfgang Kohlhaase, der bei der Berlinale Premiere hatte und den DDR-Alltag so ganz anders präsentierte, als man ihn sich im Westen vorstellte: Auch diesen Film gibt es in der DVD-Edition „DEFA-Filme auf der Berlinale“ .Den Verantwortlichen in der DDR war soviel Offenheit zwar unheimlich, aber sie ließen zu, das „Solo Sunny“ auch in Westdeutschland in die Kinos kam und ein großer Erfolg wurde:
Und dann kam die sogenannte „Wende“. Bereits im Frühjahr 1990 gab es Filmfestspiele in Ost-und Westberlin. Im Programm „Coming out“ ein Schlüsselfilm in vielerlei Beziehung von Heiner Carow. Während zum Beispiel Wolfgang Kohlhaase kein Problem hatte, seine Karriere im vereinigten Deutschland (z. B. „Sommer vorm Balkon“) fortsetzen konnte, tun sich andere damit bis heute schwer. So wie Rainer Simon, der einzige DEFA-Regisseur, der mit einem Goldenen Bären auszeichnet wurde: 1985 für „Die Frau und der Fremde“. Dieses ungewöhnliche Melodram über eine fatale Beziehung gibt es auf DVD von Absolut Medien. Eine Entdeckung wert!
Die DVD-Edition „DEFA-Filme auf der Berlinale“ von Icestorm enthält „Jakob der Lügner“, „Solo Sunny“, „Der Aufenthalt“, „Berlin-Ecke Schönhauser“, „Coming out“ und „Einer trage des anderen Last“. Sie kostet 39.90€.
Als Ergänzung empfiehlt sich das neue Buch von Jürgen Haase „Zwischen uns die Mauer – DEFA-Filme auf der Berlinale“. Eben im Be.bra-Verlag erschienen. Zum Preis von 19.95€
Dazu ein Gespräch mit dem Autor, der sich als Produzent („Das Spinnennetz“) einen Namen machte und heute Geschäftsführer des Progress-Filmverleihs ist:[media id=60 width=320 height=20]