Premiere an der „Deutschen Oper Berlin“: Korngolds „Das Wunder der Heliane“ neu gesehen
41 Jahre nach der Uraufführung erlebte Erich Wolfgang Korngolds „Das Wunder der Heilane“ am Sonntagabend in der „Deutschen Oper Berlin“ ein triumphales Comeback: nach der reserviert aufgenommenen Uraufführung am 7. Oktober 1927 an der „Hamburger Staatsoper“ gilt die Oper als schwierig und nur bedingt ausführbar. Ein seltsam verschrobenes Libretto, eine Partitur, die von Orchester und Sängern Höchstleistungen fordert, mögen die Gründe dafür sein. Eine Musik, die mehr an Hollywood erinnert und weniger an den Zeitgeist der 1920er Jahre, so präsentiert sich die Oper heute. Das es sich dabei um weit mehr handelt, als um den überambitionierten Versuch des Komponisten, seinen Erfolg mit „Die tote Stadt“ zu wiederholen, macht die fulminante Inszenierung Christof Loy deutlich.
Christof Loy arbeitet bei seiner Inszenierung mit der schwierigen Kunst der Reduktion, für die Johannes Leiacker ein alle vier Akte einheitliches Bühnenbild geschaffen hat: Gerichtssaal im klassizistischen Stil, Kerkerzelle und Volkstribunal in Einem. Damit bringt er das zwischen religiösen Mysterienspiel, das an Reinhardts „Miracel“ erinnert, Politparabel und Dreiecksgeschichte in einen nüchternen Rahmen. Dabei wirken selbst die heikelsten Momente des Librettos erträglich – die Auferweckung eines Toten und die Himmelfahrt der beiden Liebenden am Schluss.
Neben Marc Albrechts enorm eleganter Führung des Orchesters, ist der Erfolg dieser „Heliane“ ein wesentlicher Verdienst der vorwiegend jungen Solisten, die Sensationelles leisten. Sara Jakubiak überzeugt in jedem Moment in ihrer Interpretation der Titelpartie als einer Frau, die in ihrer Passion treu bleibt. Ihr Stimmwunder gibt der Musik Korngolds eine zusätzlich berückende Dimension.
Glanzvoll auch Josef Wagner, als von dunklen Mächten getriebener Despot, der seine Frau Heliane an die Lichtgestalt eines Fremden verliert, der dabei ist, Hoffnung in eine hoffnungslose Gesellschaft zu bringen. Diesem Heilsbringer verleiht der Amerikaner Brian Jagde mit feiner Gesten Profil. Erstaunlich gut funktioniert dabei der Umstand, dass es sich dabei nicht – wie bei früheren Inszenierungen der „Heliane“ -um einen Konflikt Alt/Jung handelt, sondern um den Machtkampf zwischen zwei jungen Männern.
Diese Berliner Inszenierung holt „Das Wunder der Heliane“ nicht nur aus dem Dunkel des Vergessens, sondern gibt der Oper wohl zum ersten Mal eine angemessene Interpretation. Ein typisches Werk auch, dass erst im Abstand zu seiner Entstehung den Blick auf das Wesentliche öffnet. So finden sich beispielsweise große Teile des zweiten Aktes in Korngolds Soundtrack zu „The Sea wolf“ (Regie: Michael Curtiz, 1942) wieder. Kurzum: dieses „Wunder der Heliane“ ist nicht nur ein Höhepunkt des Opernjahres, sondern hat das Zeug dazu, in die Operngeschichte einzugehen!