Die restaurierte Fassung von E. A. Duponts Film von 1923 wurde auf der Berlinale präsentiert
Ewald André Dupont (1891-1956) gehört zu den wichtigsten und gleichzeitig produktivsten Filmemachern im Deutschland der 1920er Jahre. Seine große Karriere konnte der von den Nazis Vertriebene nach 1933 im amerikanischen Exil nicht fortsetzen. Bis zu seinem Tod war Dupont auf die finanzielle Unterstützung von Freunden wie William Dieterle angewiesen. Bis in die unmittelbare Gegenwart verband sich mit seinem Namen fast ausschließlich der Film „Varieté“ von 1926. Nur in einer unzureichenden Fassung stand bisher der 1923 entstandene „Das Alte Gesetz“ zur Verfügung. Jetzt ist ein epochales Meisterwerk in einer makellosen Restaurierung neu ist zu entdecken!
Dank wieder entdeckter Zensurkarten und durch die großzügige Unterstützung einer amerikanischen Stiftung gelang es den Restauratoren der „Deutschen Kinemathek“ „Das Alte Gesetz“ in seiner Premierenfassung zu rekonstruieren. Das Allerschönste daran ist freilich, dass Molto Menz den Juwel in seinem Label „Absolut Medien“ zeitgleich zur Berliner Premiere und der Ausstrahlung auf „Arte“ in einer sorgfältigen DVD-Edition veröffentlicht hat. Da ist vor einiger Zeit auch Duponts „Piccadilly“ erschienen, den er 1929 in England gedreht hat.
In „Das Alte Gesetz“ geht es auf den ersten Blick um den Ausbruch und die Rebellion eines Sohnes gegen die engen Grenzen väterlicher Autorität. Der Alte ist strenggläubiger Rabbi in einem entlegenen Schdedl, der Junge möchte Schauspieler werden. Gegen das ausdrückliche Verbot des Vaters, setzt der Sohn sein Lebenskonzept durch und macht am Burgtheater Karriere.
Gleichnishaft entwirft Dupont hier eine Beschreibung jüdischer Emanzipation. Ein Film, der den Antisemitismus ad absurdum führt. E. A. Dupont war Jude. Er bleibt dann auch nicht bei dieser deutsch-jüdischen Grandezza stehen, sondern schildert das Wagnis, neue Ufer zu suchen und zu finden. Zusammen macht das „Das Alte Gesetz“ eminent politisch – nicht nur vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitisch schwankenden Weimarer Republik und ihrer antijüdischen Stimmung.
Mehr noch als „Varieté“ oder „Die Geierwally“ (1923) hat der Film darüber hinaus eine erstaunlich moderne Dramaturgie, die jegliches Sentiment vermeidet. Die sich dann und wann sogar kleine Scherze erlaubt. Z. B. wenn Henny Porten als K. und K.-Erzherzogin versucht, den jungen Theater-Star zu verführen.
Schließlich kann sich auch der alte Rabbiner der neuen Zeit nicht mehr verschließen: nach dem er seinen Sohn in „Don Carlos“ gesehen hat, versöhnt er sich mit ihm. Ein großer, zutiefst humanistischer Film. Wie wir wissen, ist dieser Geist des Miteinanders nur wenige Jahre später mit einer Brutalität zerstört worden, die jegliche Vorstellungskraft übersteigt….
Nicht nur Inhaltlich und Opisch – diskrete Virage – ist diese Rekonstruktion eines Schlüsselfilms des „Weimarer Kinos“ ein Ereignis, selten ist ein Soundtrack zu einem Stummfilm derart gelungen wie Philippe Schoelers Musik, die vom Orchester Jakobsplatz München eingespielt wurde. Schoeler ließ sich von Komponisten der 1920er Jahre, insbesondere Korngolds, inspirieren ohne sie zu kopieren. Als Alternative bietet die DVD noch eine zweite Musikfassung des Pianisten Donald Sosin an.
Außerdem gibt eine Dokumentation im Bonusteil einen Einblick in die schwierige Arbeit der Rebkonstrukteure aus diversen, mehr oder weniger rudimentären Versionen des „Alten Gesetzes“ im Original wieder herzustellen. Dazu gibt es ein ausführliches Booklet und weitere Dokumente als PDF. Eine DVD, die man haben muss! Preis: ca. 15€