Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen
Deutschland 2009 – Regie: Hajo Schomerus
Die Tunisreise
Schweiz 2007 – Regie: Bruno Moll
Bisher war Hajo Schomerus vor allem als Kameramann im Geschäft. Jetzt hat er mit „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen“ als Regisseur debutiert. In seinem ersten Dokumentarfilm nähert sich Schomerus den komplizierten organisatorischen Verhältnissen in der Grabeskirche von Jerusalem: griechisch-orthodoxe, römisch-katholische, syrische wie armenische Christen teilen sich zusammen mit äthiopischen Abessiniern und ägyptischen Kopten das Hausrecht. Den Schlüssel zur Kirche verwahrt traditionell eine muslimische Familie. Da herrscht alles andere als Eintracht im Glauben, sondern Hauen und Stechen. Im übertragenen, wie im wahrsten Sinn des Wortes. Hajo Schomerus reportiert nicht nur die fragile Lage in der Grabeskirche, über die zudem die israelischen Sicherheitskräfte mit Argusaugen wachen, sondern einen interreligiösen Machtkampf.
Prekär wird die Lage vor allem an hohen Feiertagen, wenn alle Gruppen in die Hauptkirche mit dem angeblichen Grab Jesu drängen. Der Film zeigt aber auch den stillen Alltag in der Kirche jenseits des touristischen Rummels, der hier häufig herrscht. Sensibel näherte sich Hajo Schomerus einem Mikrokosmos, in dem sich die Spannungen zwischen den unterschiedlichen religiösen Gruppen wie in einem Brennglas bündeln. Dass er sein Handwerk als Dokumentarist perfekt beherrscht, versteht sich von selbst!
Die Tunisreise
Schweiz 2007 – Regie: Bruno Moll
„Die Gedanken verwirren sich aufs Neue/Die Seele sucht südwärts??/Fehlt es am Norden, oder woran?/Luft hab ich und Nahrung./Und kann doch nicht bleiben so“. Das notierte der Maler Paul Klee 1914 in sein Tagebuch, als er Tunesien bereiste. 2007 machte sich der Schweizer Filmemacher Bruno Moll und sein tunesischer Kollege Nacer Khemir auf derselben Route auf eine „Tunisreise“: der Ergebnis kommt mit reichlicher Verspätung jetzt in unsere Kinos. Kunst im Film einmal anders. Eine kluge Reflektion über Orient und Okzident bzw. was sich in den letzten 100 Jahren in dieser komplizierten Beziehung geändert hat und was nicht.
Dabei benutzen Khemir – auch als Maler von einiger Bedeutung – und Moll Paul Klees Bilder als Stichwortgeber für ihr eigenes visuelles Nachdenken. „Die Tunisreise“ von Bruno Moll und Nacer Khemir ist ruhiger und dabei umso intensiverer Film. Etwas für Genießer!