Auf dem „Marlene-Dietrich-Platz“ vor dem Berlinale-Palast (und/oder Musicaltheater) herrschen in diesem Jahr Verhältnisse, als sei mit alsbaldigem Notstand zu rechnen. Der Kinogänger steht ratlos vor Absperrgittern soweit das Auge reicht. Nur im weiten Bogen, durch schmale Schlupflöcher sind die Eingänge zu erreichen. Wer mit dem PKW vorfährt hat es besser. Man fürchtet, Autonome aus der Hausbesetzerszene könnten die Festivitäten stören und womöglich den roten Teppich besetzen. Vielleicht handelt es sich auch nur um Beschäftigungstherapie für den polizeilichen Nachwuchs für eine Performance zur Einstimmung der Besucher auf die heutigen Wettbewerbsfilme „Margin Call“ und „El Premio/Der Preis“.
In beiden Filmen – einer aus den USA, der andere ist zwar eine mexikanisch-französisch-polnisch-deutsche Koproduktion spielt aber in Argentinien – geht es um die Beschreibung drohenden Unheils aus der Privatperspektive. Der eine wie der andere in höchstem Maße beklemmend:
In „El Premio“ löst ein kleines Mädchen 1976 in aller Unbefan-genheit eine familiere Katastrophe aus, weil es nicht versteht, dass sich die politischen Verhältnisse im Land geändert haben: Videlas Diktatur wirft ihre Schatten voraus.
Auf autobiographischer Grundlage hat Paula Markovitsch einem Thema neue Perspektiven abgewonnen, das nicht neu ist. Ein leiser und dadurch umso intensiverer Film darüber, wie aus Vertrautem Angst und Schrecken werden kann.
Sichtbar mehr Geld stand JC Chandor für sein Debut „Margin Call“ zur Verfügung. Das zeigt sich bereits an der Starbesetzung mit Kevin Spacey, Jeremy Irons, Demi Moore und Anderen. Er nähert sich bemerkenswert innovativ, der Eruption, die im September 2008 nicht nur die amerikanische, sondern die Weltwirtschaft an den Kollaps führte. Auch hier geht es um das Heraufziehen drohender Verluste.
Ein manierlicher Berlinale-Autakt, für den sich das Aufstellen der Absperrgitter lohnte. Sonst hätten wir glatt vergessen, das bei uns auch nicht alles in Butter ist. Immerhin versagte man am sich auf der Festivalmeile ein Babyface mit MP im Anschlag, das heute Vormittag mit großen verstörten Kinderaugen den Zugang zum Regierungsviertel bewachte….