Romy Schneider hatte es nicht leicht im Leben: von der ehrgeizigen Mutter zur Filmkarriere getrieben, vom nichtsnutzigen Vater verlassen, vom korrupten Stiefvater ebenso ausgebeutet, wie von diversen Männern, die sich in ihr Leben drängten oder drängen ließen. Dabei war sie tragisch schön und eine einzigartige Schauspielerin. Mit einer Aura, die außer ihr nur ganz Wenige hatten und haben. Diese unglückliche Melange ist wohl der Grund, die Berufene und vor allem weniger Berufene veranlasst, über Romy Schneider Bücher zu schreiben, die inzwischen Bibliotheken füllen. Allein im letzten Jahr sind sieben neue erschienen. Die Autoren übten sich dabei rätlich in der Kunst, nicht allzu offensichtlich die Vorgänger als Steinbrüche zu plündern. Dann gab es da noch einen treuherzigen (Fernseh)-Film, der brav in der Chronique skandaleuse des Lebens der Romy Schneider blätterte. Eine göttliche Fügung ersparte uns immerhin Yvonne Chatterfeld als Romy. Vor diesem Hintergrund des Regenbogens fällt das Buch „Romy Schneider. Wien-Berlin-Paris“ aus dem Rahmen. Daniela Sannwald und Peter Mänz haben es zur gleichnamigen Ausstellung der „Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen Berlin“ heraus gegeben. Erschienen ist das schöne Buch im Henschel Verlag. Kundige, angenehm zu lesende Texte halten Distanz und geben doch faktenreich Aufschluss über die Ausnahme-Schauspielerin. Ein Interview mit dem Regisseur Costa-Gavras ergänzt das Ganze. Zwar konnte auch dabei das Privatleben Romy Schneiders nicht ausgeklammert werden, der Schwerpunkt liegt aber eindeutig auf ihrer Arbeit, der Überlieferung der 50 Filme, in denen sie bis zu ihrem Tod 1982 mitgewirkt hat. Neues ist zu entdecken, ebenso bei den Illustrationen. Daran zeigt sich einmal wieder der enorme Fundus, der mittlerweile im Filmmuseum Berlin zur Verfügung steht. Mein Lieblingsbuch über Romy!
P.S. Die Berliner Ausstellung wird noch bis zum 30. Mai 2010 im Filmhaus an der Potsdamer Straße gezeigt.
Romy Schneider
Mich interessiert ob es zu der hier angesprochenen Ausstellung Bildmaterial oder dergleichen gibt? Gerne möchte ich neue Bilder auf meinem Blog verwenden – gibt es da was? (natürlich mit Quelle)
herbertspaich
Bestimmt gibt es das. In welchem Umfang es öffentlich zugänglich ist, müssten Sie beim Filmmuseum in Berlin erfragen. Wenn Sie wissenschaftlich arbeiten wollen, müssen Sie eben die entsprechenden Regularien beachten.
Vielleicht interessiert Sie das folgende SWR.de-Interview mit der Herausgeberin und Kuratorin der Ausstellung Daniela Sannwald:
SWR.de: Sie haben bei Ihren Recherchen mit sehr vielen Menschen gesprochen und auch unbekannte Dokumente zu Tage gefördert. Was hat Sie denn dabei am meisten berührt?
Daniela Sannwald: Ich muss ganz ehrlich sagen: Romy Schneiders Tochter Sarah Biasini. Sie hatte ganz viel Misstrauen gegenüber unserem Ausstellungsprojekt, und zwar weil sie es schrecklich gefunden hat, wie Romy Schneider in Deutschland und Österreich gesehen wurde. Sie fand den Umgang mit ihrer Mutter respektlos, sie fand, dass sie reduziert wurde, und sie fand die Fans unglaublich distanzlos und vereinnahmend.
In dem Sinne, dass jeder angeblich genau weiß, wie Romy Schneider gewesen ist?
Ja, genau. Es war sehr schwierig, Sarah Biasini davon zu überzeugen, dass wir als Deutsche Kinemathek keine Ausstellung über das Privatleben ihrer Mutter machen, sondern über das Werk ihrer Mutter! Darauf lege ich sehr, sehr großen Wert. Und ich glaube, dass ihr das auch wichtig war.
Sie hat uns dann die beiden Filmpreise ihrer Mutter als Leihgaben gegeben: die beiden Césars, die Romy Schneider 1976 und 1979 in Frankreich bekommen hat.
Woher kommt denn diese Sehnsucht bei den Fans, dass sie Romy Schneider möglichst nahe kommen wollen? Kennen Sie dieses Gefühl auch?
Dieses Nahekommen, da geht es vor allem um eine Identifikation mit einem Frauenschicksal, das trotz allen Glamours, allen Glücks und allen Reichtums natürlich auch fürchterlich war. Diesen Effekt wollen wir mit der Ausstellung aber gerade nicht erzielen! Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass es überhaupt nicht ums Nahekommen geht, sondern eher darum, von ihr weg zu kommen. Also eine andere Seite zu zeigen als die, die jeder zu kennen glaubt. Sie ist doch eine professionelle Schauspielerin. Das ist das, was sie bestimmt, was sie ausmacht.
Also gut: Was ist denn das Faszinierende an Romy Schneider, nicht als Privatmensch, sondern auf der Leinwand, als Schauspielerin?
Ich glaube, dass man in dieses flächige Gesicht unheimlich viel reinlesen kann. Wir haben das an verschiedenen Fotografien gemerkt, die wir von ihr betrachtet haben: Das kann das gleiche Foto sein, und man kann es sehen als eines, wo sie gerade unheimlich verzweifelt ist oder aber eins, wo sie gerade nachdenklich ist.
Wie hat sich Ihr Bild von der Künstlerin Romy Schneider in den zwei Jahren Arbeit an der Ausstellung verändert?
Ich glaube inzwischen, dass sie viel weniger unabhängig gewesen ist, als man es ihr manchmal zuschreibt. Ich denke, dass sie in den 70er Jahren genauso festgelegt war auf ein bestimmtes Rollenbild wie in den 50ern, als sie „Sissi“ war. Das hat mich überrascht.
Ihre fruchtbarste Zeit waren die 60er Jahre, in denen sie nicht festgelegt war und ganz viel ausprobiert hat, beispielsweise Komödien in den USA mit Jack Lemmon als Partner und mit Peter O’Toole und Woody Allen. Das waren lustige, leichte, ein bisschen verschwiemelte Sex-Komödien – verschwiemelt insofern, als man da noch nicht die Sachen ausdrücken konnte, die man eigentlich meinte, nämlich Partnertausch und Polygamie. Da probiert sie sich aus als Komödiantin.
Und in den 70er Jahren ist es dann mit diesem Ausprobieren wieder vorbei?
In den 70ern wird sie wieder festgelegt, sie ist dann in Frankreich im Grunde genommen auf zwei Typen abonniert: einmal wieder auf den Kostümfilm, ähnlich wie in den 50ern. Und die andere Rolle, die sie spielt, ist die moderne französische Frau …
… zwischen zwei Männern …
… zwischen zwei Männern, meistens, genau, und da geht es aber im Wesentlichen um die Männer und weniger um sie.
Sie haben Ihre Ausstellung nach Motiven geordnet. Wie haben Sie diese Motive gefunden, wofür stehen sie?
Das erste Motiv heißt „Tochter“, da geht es sehr stark um die Beeinflussung durch ihre Mutter Magda Schneider. Der zweite große Bereich ist „Aufbruch“, das ist die Zeit in den 60er Jahren, wo sie nach Frankreich geht, weil sie Alain Delon kennen gelernt hat, wo sie Filmprojekte ausprobiert, Theater spielt mit Visconti, sich von Coco Chanel umstylen lässt in eine Französin.
Dann kommt der Bereich „Weltstar“: Da ist sie einfach strahlend. Da ist ihr Körper, da ist ihr Gesicht, sie ist unheimlich schön, sie ist glamourös, sie wird mit Césars ausgezeichnet. Dann haben wir den nächsten Bereich „Zerstörung“ genannt, das ist die zweite Hälfte der 70er Jahre, wo sie Probleme mit Alkohol und Tabletten hat.
Der fünfte, größte Bereich ist dann natürlich „Mythos“, da geht es fast ausschließlich um Sissi, und es geht um die Überlagerung dieser vielen verschiedenen Mythen, die da zusammentreffen. Das ist ein Bereich, den ich sehr gerne mag.
Was ist denn Ihr Lieblingsstück in der Ausstellung?
Es gibt einen Drehplan aus der Hand von Regisseur Claude Sautet, zum Film „César und Rosalie“, den er selbst gemalt hat, ganz liebevoll, und den hängen wir an die Wand. Der ist natürlich großartig.
Die Ausstellung der Deutschen Kinemathek in Berlin dokumentierte Romy Schneiders wechselhafte Karriere. Auf einer Fläche von 450 Quadratmetern zeugten Fotos und Medieninstallationen von ihrem Rollen- und Imagewechsel und ihrer Aneignung und Mythisierung durch ihre Fans.
Für weitere Informationen wenden Sie sich also am besten an:
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
Potsdamer Straße 2
10785 Berlin
Tel:
030 – 300 903-0