Österreich/Luxemburg 2011
Regie: Wolfgang Murnberger
Mit Moritz Bleibtreu, Georg Friedrich, Ursula Strauss, Uwe Bohm, Marthe Keller, Udo Samel
Kinostart: 1. September 2011
An Versuchen, das unbeschreibliche des Holocaust filmisch aufzuarbeiten besteht kein Mangel. Trotzdem wird dem Thema alle paar Monate eine neue Variante abgerungen. Jüngstes Beispiel ist „Mein bester Feind“ des Österreichischen Regisseurs Wolfgang Murnberger, nach einem Script des Bestseller-Autors Paul Hengge. Nach seiner Uraufführung bei den diesjährigen Berliner Filmfestspielen fielen die Reaktionen auf„Mein bester Feind“ verhalten aus – jetzt startet er in unseren Kinos.
Wien 1938. Viktor Kaufmann (Moritz Bleibtreu) und Rudi Smekal (Georg Friedrich) sind wie Brüder aufgewachsen. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied: Viktor ist der Sohn einer reichen jüdischen Galeristenfamilie, Rudi der Sohn der weniger begüterten Haushälterin. Bei aller Freundschaft, der Standesunterschied hat Rudi immer schon gekränkt. Nach der Anektion Österreichs durch das NS-Regime haben sich die Machtverhältnisse geändert. Als Mitglied der SS ist jetzt der Rudi ein wichtiger Mann.
Als intimer Freund der Familie weiß Rudi auch vom Geheimnis der Kaufmanns: sie besitzen ein Michelangelo-Original. Um seine Position bei den neuen Machthabern zu stärken, plaudert Rudi die Existenz der wertvollen Zeichnung bei seinem Standartenführer aus. Berlin erfährt von der Preziose. Sie kommt gerade gerecht: der wankelmütige Duce Mussolini wird zum Staatsbesuch erwartet und man möchte ihn mit einem Geschenk beehren.
Während die Besitzer des Bildes in ein Konzentrationslager deportiert werden, kommt es beim Staatsbesuch des italienischen Diktators zum Eklat: Es handelt sich nur um eine Kopie. Um die Peinlichkeit aus der Welt zu schaffen, bekommt Rudi die Aufgabe, das Original der Michelangelo-Zeichnung zu beschaffen.
Vater Kaufmann (Udo Samel) ist inzwischen im KZ ermordet worden und Viktor jetzt der Einzige, der das Versteck des Originals kennt. Also holt ihn Rudi in geheimer Staatsmission aus dem Konzentrationslager. Auf dem Flug nach Wien, wird das Flugzeug mit den Beiden an Bord von den Alliierten abgeschossen. Viktor und Rudi überleben. Der clevere Viktor tauscht mit Rudi die Kleider. Aus dem jüdischen KZ-Häftling wird der SS-Mann und umgekehrt…
Auf dramaturgisch verschlungenenen Pfaden – auch Mutter Kaufmann (Marthe Keller) gilt es zu retten – kommt „Mein bester Feind“ bei einem bösen Ende an. Regisseur Wolfgang Murnberger ist durch seine schwarzhumorigen Wolf Haas Verfilmungen „Silentium“ und „Der Knochenmann“ bekannt geworden. Nach dem gleichen Rezept versuchte er sich diesmal mit einer Verwechslungskomödie vor dem Hintergrund des Holocaust.
Das ist ihm mit Hilfe von Moritz Bleibtreu und Georg Friedrich durchaus gelungen. Trotzdem bleibt der Film nicht ganz unproblematisch: Das Drehbuch hat der jüdische Schriftsteller Paul Hengge geschrieben, der in der Vergangenheit mit „Der Rosengarten“ und „Hitlerjunge Salomon“ Filmvorlagen lieferte, an denen sich bereits die Geister schieden. Das trifft auch auf „Mein bester Feind“ zu: was Hengge früher allerdings erdenschwer und melodramtisch anlegte, bewegt sich hier auf der Basis einer Satire auf den gewöhnlichen Faschismus. Dabei hat Friedrich gegenüber Bleibtreu die dankbarere Rolle als dreister Opportunist.
Also: es wird verhalten mit Entsetzen Scherz getrieben. Wobei man dem Film zugute halten muss, dass er in keinem Moment die mörderischen Absichten des NS-Regimes aus den Augen verliert und ihren kleinen Helferlein. Rudi wieselt durch die Geschichte als einer, der vor nichts zurückschreckt in seiner Dankbarkeit für seine SS-Uniform.
„Mein bester Feind“ gewinnt außerdem durch seine Verortung in Wien: der Österreichische Sachertorten-Antisemitismus ist bisher kaum filmisch aufbereitet worden. Das verdient Anerkennung….
Wolfgang Murnberger im Gespräch zu „Mein bester Feind“[media id=225 width=320 height=20]