Die moderne digitale Filmbearbeitung macht es möglich, Schätze der Filmgeschichte in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Auf DVD und Blu-Ray sind in dieser Woche zwei Highlights aus unterschiedlichen Epochen zu runden Geburtstagen in Edel-Editionen mit den restaurierten Fassungen erschienen: 80 Jahre nach der Uraufführung: Fritz Langs „M“ in neuem Glanz und zum 40jährigen: „Uhrwerk Orange“ von Stanley Kubrick.
Eine Schlüsselszene aus Fritz Langs „M“: Der blinde Luftballonhändler erkennt den Mörder an seinem Pfeifen der Peer Gynt-Suite wieder. So klar hat man das bisher nicht hören können – seit der Uraufführung dieses Meilensteins der Filmgeschichte am 11. Mai 1931. Fritz Lang „entdeckte“ bei seinem ersten Tonfilm zukunftsweisende Möglichkeiten der neuen Technik: Der Ton nicht nur als Illustration eines Stummfilms, sondern eine Erweiterung des dramaturgischen Spielraums: besonders eindrucksvoll in dieser Sequenz. Die Person, um die es geht, befindet sich außerhalb des Bildes im Off. Trotzdem ist sie enorm präsent – akustisch. Kurz darauf verzichtete der Regisseur für Momente ganz auf den Ton! Diese „Freiheit“ wirkte bis heute stilbildend.
„M“ ist einer der populärsten Filme Fritz Langs: 1931 ein Welterfolg. In Deutschland wurde er nach 1933 von den Nazis verboten. Erst 1960 kam das Meisterwerk dann wieder in die Kinos. Allerdings nur in einer zwanzig Minuten gekürzten rudimentären Fassung. Das hatte vor allem technische Gründe. Die Materiallage war katastrophal. Um die Lücken zu schließen behalf man sich damit, die Fehlstellen neu akustisch aufzuhübschen. Ziemlich frei gegenüber dem Original. Ebenso wurde der fehlende Schluss durch einen Musikakzent „ausgeglichen“. Das rückte den gesamten Film in ein falsches Licht.
Erst 2001 kam „M“ wieder zu seinem originalen Ende. Davor bestand der Eindruck, Fritz Lang habe mit „M“ einen Selbstjustiz-Thriller gedreht.
Ein Kindermörder treibt in der Stadt sein Unwesen. Selbst Großrazzien der Polizei haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Die Unterwelt fühlt sich durch die ständige Präsenz der Staatsgewalt in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und be-schließt Selbsthilfe.
Es gelingt dem Unterweltnetzwerk der Ganoven –wesentlich: die Hilfe des blinden Straßenhändlers – den Täter in ihre Gewalt zu bringen. Sie machen ihm einen Pseudo-Prozess. Diese Sequenz enthält einen der berühmtesten Monologe der Filmgeschichte: Peter Lorres grandiose Darstellung eines Menschen, den die Nachtseite seiner Psyche immer wieder einholt – endlich wieder ungekürzt und in allen Nuancen verständlich. Das war erst durch eine komplizierte Restaurierung möglich. Universumfilm hat diese ultimative „M“-Rekonstruktion in einer vorzüglichen 2-Disc-Edition auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht.
Dazu gibt es über 360 Minuten Extras und einen umfangreichen CD-Rom-Teil. Das Ganze in edler Aufmachung und beigehäfteten Booklet. In einer zweiteiligen Dokumentation wird u. a. minutiös die Rekonstruktion von „M“ belegt, aber auch der sozialpolitische Hintergrund der Entstehung, bei dem der Fall des Düsseldorfer Serienmörders Peter Kürten eine wichtige Rolle spielte. Aber auch die Sorge Fritz Langs vor einer Radikalisierung und Brutalisierung der Gesellschaft, die zwei Jahre nach der Uraufführung Realität werden sollte….
Im ersten Moment fern und doch irgendwie nah – Fritz Langs „M“ und die Welt jenseits von Gut und Böse, die Stanley Kubrick 1971 in „A Clockwork Orange“ dargestellt hat – einem anderen verstörenden Film der Geschichte. Die Adaption des gleichnamigen Romans von Anthony Burgess.
Auch an diesem Meisterwerk ist die Zeit nicht spurlos vorbei gegangen. Ton und Bild haben in den letzten 4o Jahren gelitten. In Cannes wurde vor vier Wochen eine rundum restaurierte Fassung des Films präsentiert. Sie war das Ausgangsmaterial für die jetzt bei Warner Home Video erschienen DVD und Blu-Ray.
Alex , der böse Bube ist jetzt wieder ganz und gar präsent. Selten ist der Abgrund im Menschlichen in einem Film so erbarmungslos und dabei treffend dargestellt wie von Kubrick in „Uhrwerk Orange“. Das Versagen einer Gesellschaft. Zum Beispiel in der Szene mit dem Sozialarbeiter, der Alex heimsucht.
Ein eigenes Kapitel ist Kubricks Musikdramaturgie in diesem Film, die wie in „2001“ eine eigene Aura schafft. Von Pop bis Beethoven.
Auch diese neue Edition bietet üppig Extras: in zwei Dokumentationen sind Zeitgenossen, Kollegen und Filmhistoriker dem Phänomen dieses Films auf der Spur. Auf Disc 2 noch einmal Jan Harlans Dokumentation „A life in Pictures“ und neu „Oh, du glücklicher Malcom“ über den Darsteller Malcom McDowell, der durch die Rolle des Alex berühmt wurde.
Zwei „Must-Have“-Editionen: „M“ von Universum und „Uhrwerk Orange“ von Warner Home Video. Am Schönsten natürlich die Bu-Ray-Editionen. Aber auch die DVDs sind nicht zu verachten. Die Preise liegen im Rahmen des Üblichen zwischen 15 und 22 Euro.