„Photographie, das ist die Wahrheit. Und der Film ist die Wahrheit 24 mal in der Sekunde!“ Eines der berühmtesten Zitate zur Philosophie des Films! Jean-Luc Godard formulierte es 1960 in seinem Antikriegsfilm „Der kleine Soldat“. Seit rund 50 Jahren ist Godard einer der einflussreichsten Cineasten der Gegenwart. Deshalb soll er im nächsten Frühjahr auch mit einem Ehren-Oscar ausgezeichnet werden, den er freilich nicht persönlich entgegennehmen wird. Heute feiert Jean-Luc Godard seinen 80. Geburtstag…
„Auf die Frage ‚Was ist Kino?‘ antworte ich: der Ausdruck der schönen Gefühle!“ Das schreibt Jean-Luc Godard 1952 in einem Essay für die Zeitschrift „Les Amis du Cinema“. Geboren und aufgewachsen in Nyon lebt er seit drei Jahren in Paris: er vernachlässigt sein Studium der Ethnologie. Statt die Vorlesungen an der Sorbonne zu besuchen, verbringt Godard seine Tage und Nächte in Cinemathèque Francaise. Hier entdeckt er für sich die Filme französischer Klassiker wie Jean Renoir und den deutschen Stummfilm. Vor allem aber den damals in Europa kaum bekannten Alfred Hitchcock:
„Lieben wir Hitchcock dafür, dass er es satt hat, den Lehrer für guten Stil zu spielen und uns verleitet, die Schule zu schwänzen!“, notiert Jean-Luc Godard 1956 in seiner Besprechung von „Der Mann der zu viel wusste“ in den „Cahiers du Cinema“. Hier hat er zusammen mit anderen Filmenthusiasten ein Forum gefunden. Sie heißen Francois Truffaut, Jacques Rivette und Eric Rohmer.
Gemeinsam werden sie Ende der 1950er Jahre von der Theorie zur Praxis wechseln und aus den Kinoerfahrungen zu einem eigenen, neuen filmischen Ausdruck finden. Als Nouvelle Vague machen sie Filmgeschichte. Vor allem Jean-Luc Godard wird dabei in seinen Filmen immer wieder die eigene Haltung zum Medium reflektieren. Besonders eindrucksvoll 1965 in „Pierrot le fou“. Lässig während einer Party fragt Ferdinand (Belmondo) den amerikanischen Regisseur Samuel Fuller – einem weiteren großen Vorbild Godards – nach seinem Credo des Filmemachens. Er bekommt zur Antwort, Film sei ein Schlachtfeld. Liebe, Hass, Action und Gewalt – mit einem Wort Emotionen!
Filmemachen als Schlachtfeld – und das in jeder Beziehung: Mit Brigitte Bardot und Michel Piccoli in den Hauptrollen hat Jean-Luc Godard das bereits 1963 in „Le Mepris/Die Verachtung“ zum Thema einer illusionslosen Beschreibung des Filmens zwischen Kunst und Kommerz gemacht.
Ein ambitionierter Regisseur sitzt zwischen allen Stühlen: Er wird von Fritz Lang verkörpert, einem weiteren Idol der Nouvelle vague: In „Le Mepris“ zitiert Fritz Lang aus der eigenen leidvollen Erfahrung im Filmgeschäft schließlich Hölderlin.
Obwohl Jean-Luc Godard Mitte der 1960er Jahre zu den weltweit bekanntesten und auch erfolgreichsten europäischen Filmemachern gehörte, zieht er sich 1968 abrupt aus dem kommerziellen Kino zurück. Engagiert sich in der linken politischen Avantgarde, versucht sich in sperrigem Agitprop, um schließlich zu einer eigenwilligen Form des filmischen Essays zu finden, der er jenseits aller Moden bis heute treu geblieben ist. Sein Motto: „Ich ziehe es vor, etwas zu suchen, was ich nicht kenne, statt etwas, was ich kenne, besser zu machen!“
P.S. Alle wichtigen Filme Godards gibt es in schönen Editionen von Arthaus/Kinowelt auf DVD bzw. Blu-ray.