Zwischen 1970 und 1985 war Francis Ford Coppola einer der wichtigsten Regisseure der Zeit: neben Blockbustern wie „Der Pate“ und „Apocalypse Now“ drehte er „kleinere“ Filme, die nicht weniger bedeutsam sind. Schlagzeilen machte Coppola mit seiner zeitweise monomanischen Experimentierfreudigkeit, die ihn finanziell zu ruinieren drohte. Vier typische Beispiele für den Filmemacher Francis Ford Coppola hat StudioCanal zu Weihnachten in exemplarischen DVD-bzw. Blu-ray-Editionen veröffentlicht: „Der Dialog/The Conversation“, „The Outsider“, „One from the heart“ und die Coppola-Produktion „Hammett“ (Regie: Wim Wenders).
Bereits die Eröffnungssequenz von “The Conversation/Der Dialog” hat Filmgeschichte gemacht: Gedreht wurde sie von vier Kamerateams vor Ort auf dem belebten Union Square von San Francisco. Gleichzeitig eine Schlüsselszene des Films, den Francis Ford Coppola im Anschluss an „Der Pate“ Teil 1, 1974, drehte. Einer der besten und gleichzeitig kompliziertesten Filme des Regisseurs. Ein Vexierspiel mit Wirklichkeit und Täuschung, Privaten und Öffentlichen, dem Verlust von Vertrauen: in diesen Spannungsfeldern lebt der Abhörspezialist Harry Caul (Gene Hackman).
Er gerät aus der Fassung, als die Hausmeisterin unbefugt mit einem Nachschlüssel seine doppelt und dreifach gesicherte Wohnung betreten hat. Harry Caul lebt allein. Einziger Luxus ist das Saxophon zur Entspannung nach Feierabend. Ansonsten hat er seinen Beruf alleinigen Lebensinhalt gemacht. Dazu gehören absolute Verschwiegenheit und Diskretion. Als freiberuflicher arbeitender Experte für heikle Fälle ist Vorsicht in jeder Beziehung überlebensnotwendig. Ebenso das er keine Fragen stellt und nur seinen Job erledigt.
Im Moment soll Caul im Auftrag eines Großunternehmens ein junges Paar beschatten bzw. ihre Gespräche abhören und aufzeichnen. Nichts Besonderes. Aber gerade die Banalität ihrer Plaudereien weckt Harry Caul Argwohn. Damit verstößt er gegen seinen eigenen Berufskodex. Auf entsprechende Nachfragen seines Mitarbeiters reagiert Caul ungehalten.
Mit allen Finessen seines Hightech-Equipments gelingt es Caul eine völlig verzerrte Sequenz hörbar zu machen. Da wird ihm schlagartig die Brisanz dieses Auftrags offenbar. Anscheinend fürchten die jungen Leute um ihr Leben.
So virtuos wie Harry Caul mit den Möglichkeiten der Tontechnik umgeht, hat Coppola „The Conversation“ inszeniert. Selten wird in einem Film eine unbestimmte Bedrohung fast physisch spürbar wie hier. Dabei spielt vor allem die geniale akustische und visuelle Montage durch Walter Murch eine wichtige Rolle. StudioCanal veröffentlichte den Schlüsselfilm über das gesellschaftpolitische Klima der 1970er Jahre in einer vorzüglichen Blu-ray-Edition – mit einem ausführlichen, bibliophil gestalteten Booklet und üppigen Extras. U. a. mit Audiokommentaren von Coppola und Walter Murch; Interviews mit Gene Hackman und dem Komponisten David Shire. Als besondere Rarität schließlich Ausschnitte der „Screen Tests“ mit Harrison Ford, der in „The Conversation“ einen undurchsichtigen Firmen-Manager spielt – eine seiner frühesten Rollen.
Obwohl „The Conversation“ vorzügliche Kritiken bekam und mit der „Goldenen Palme“ der Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet wurde, war der Film kommerziell ein Misserfolg. Um sich finanziell zu sanieren, drehte Francis Ford Coppola anschließend eher widerwillig den zweiten Teil seiner „Paten“-Trilogie. Darauf folgte sein Abenteuer mit der Produktion von „Apocalypse Now“. Die Blu-ray mit beiden Fassungen des Films hat StudioCanal für Februar 2012 angekündigt.
In einer ähnlich aufwändigen „Collector’s Edition“ wie „The Conversation“ liegt – ebenfalls von StudioCanal“ – mit „The Outsiders“ ein weiterer Coppola-Film vor, der lange nicht zu sehen war. Und zwar in einer Version, die um 22 Minuten länger ist als die Kinofassung von 1983.
„The Outsiders“ basiert auf dem in den USA nach wie erfolgreichen gleichnamigen autobiographisch gefärbten Roman von S. E. Hinton. Coppola verfilmte die tragische Geschichte um zwei verfeindete Halbstarken-Gangs in deutlicher Anlehnung an „denn sie wissen nicht was sie tun“ von Nicholas Ray.
Die Auseinandersetzung zwischen den „Greasers“ und den „Socs“ eskaliert, als Johnny in vermeintlicher Notwehr einen Jungen aus der gegnerischen Gang ersticht. Coppola zeichnet das Bild einer Generation, die hilflos durch eine feindliche Welt irrlichtert. Wobei sich die Jugendlichen nur bedingt gegenseitig stützen können. Neben dem virtuosen Spiel mit den Versatzstücken des Genres ist bei „The Outsiders“ die Besetzung der Hauptrollen interessant: Patrick Swayze, Matt Dillion und Tom Cruise haben hier debütiert. Auch bei dieser Edition ergänzt ein großes Packet Extras den Film.
Neben diversen Audiokommentaren – u. a. von Matt Dillion – lesen die inzwischen älter gewordenen Team-Mitglieder Auszüge aus der literarischen Vorlage – zum Beispiel Ralph Macchio, der Darsteller des Johnny.
Zwischen seinen Erfolgsfilmen leistete sich Francis Ford Coppola also immer wieder kostspielige Experimente. Filmgeschichte ist sein Wagnis mit „One from the heart/Einer mit Herz“, den er 1982 zwischen „Apocalypse Now“ und „The Outsider“ drehte. Einer der ersten komplett digital gedrehten Filme. Er spielt in Las Vegas. Die aufwändigen Sets wurden im Studio nachgebaut; Coppola führte mit Hilfe von Monitoren von einem Wohnwagen aus Regie und überforderte damit nicht nur sich selbst, sondern das gesamte Team…
Mit „One from the heart“ schwebte Coppola eine Reminiszenz an die aufwändigen Technicolor-Musicals der MGM aus den 1950er Jahren vor. Die melodramatische Herz-Schmerz-Story ist deshalb in erster Linie als Anlass für ein Schwelgen im luxuriösen Dekor. In einer der Hauptrollen Nastassja Kinski.
Bei seiner Uraufführung reagierten Kritiker und Publikum auf „One with the heart“ irritiert. Heute ist der Film ein Meilenstein im Umgang mit den Möglichkeiten der digitalen Aufnahmetechnik. Im Gegensatz zu den Editionen von „The Conversation“ und „The Outsiders“ ist die von „One from the heart“ mehr als schlicht ausgefallen. Die DVD lässt zwar technisch keine Wünsche offen, enthält aber keinerlei Extras.
Als weiteres Skandalon der besonderen Art ist die Coppola-Produktion „Hammett“ in die Filmgeschichte eingegangen. Wim Wenders realisierte die Produktion, während der Meister selbst „On of the hearts“ drehte.
In „Hammett“ geht es um eine fiktive Episode aus dem Leben des amerikanischen Krimi-Autoren Dashiell Hammett. Gleichzeitig um einer Verbeugung vor der Schwarzen Serie der 1940er Jahre. Weil sich Coppola, Wenders und mehrere Drehbuch-Autoren nicht über Inhalt und Form einigen konnten, zogen sich die Dreharbeiten über mehrere Jahre hin. Heute ist „Hammett“ eine filmgeschichtliche Kuriosität, die durchaus ihre Reize hat. Ebenfalls ohne Extras veröffentlichte StudioCanal den Film bezeichnender Weise außerhalb der im selben Haus erschienen Wim Wenders-Werkausgabe auf DVD. Trotzdem füllt die Veröffentlichungen eine Lücke im DVD-Regal.
Vier typische Filme aus der Produktion von Francis Ford Coppola, die man kennen sollte. Sie kosten zwischen 9 und 16 Euro.