Roman
Knaus Verlag 2010
Gebunden mit Schutzumschlag, 544 Seiten
ISBN 978-3-8135-071-5 – Preis: 22.99 €
Karl Amadeus Herzog ist ein genialer Dirigent. Aus einfachen Verhältnissen stieg er zu einem Star der internationalen Musikszene des 20. Jahrhunderts auf. Nicht nur seine außergewöhnliche Begabung, sondern auch sein gewandter Umgang mit den politischen Verhältnissen festigten seine Karriere. Am Vorabend des ersten Weltkriegs geboren, begann er zunächst als Klavierspieler, bevor er die Kunst des Dirigierens in jeder Beziehung für sich entdeckte. Das „Dritte Reich“ überstand Herzog, ohne sich seine weiße Weste über die Maßen zu beschmutzen. Zwar hatte er nach 1945 vorübergehend Auftrittsverbot, aber die Zeit überbrückte er elegant durch die Produktion von Schallplatten. Jetzt ist Karl Amadeus Herzog achtzig und will mithilfe der modernen Satelliten-Technik der Unsterblichkeit zumidest virtuell einen Schritt näherkommen.
Während beruflich sein Leben keine Wünsche offenließ, entwickelte sich sein Privatleben schwierig. Der Vater wurde vor seinen Augen ermordet, zu Frauen hat Herzog zeitlebens ein schwieriges Verhältnis, das zu seinem Sohn ist nachhaltig zerrüttet.
Auf verschiedenen Zeitebenen und aus unterschiedlichen Perspektiven nähert sich Bernhard Sinkel der Biographie eines Aufsteigers im 20. Jahrhundert. Wer denkt da nicht an Herbert von Karajan, der sich exemplarisch durch die Zeitläufte lancierte? Der Autor schreibt dazu im Internet: „Zugegeben, ohne die exemplarische Karriere Herbert von Karajans, diesem Jahrhundertdirigenten, Klangmagier und Hohepriester der Musik, wie die Medien schwärmen, wäre dieser ‚Roman einer Karriere‘ nicht entstanden – trotzdem ist ‚Augenblick der Ewigkeit‘ kein Roman über Karajan, kein Enthüllungsdrama oder Schlüsselroman in der Art von ‚Mephisto‘, wie ihn Klaus Mann über den großartigen Schauspieler Gustaf Gründgens geschrieben hat. Er enthält weder Demaskierung noch Skandal und schon gar keine persönliche Abrechnung (…). ‚Augenblick der Ewigkeit‘ ist das fiktionale Portrait Karl Amadeus Herzogs und kein biographisches Abbild einer real existierenden Person der Zeitgeschichte. Beider Lebensläufe, der des Protagonisten des Romans und der seines latent existierenden Modells sind jedoch eingebettet in die Geschichte des 20. Jahrhunderts!“
Das klingt fast nach einer Entschuldigung. Die hat Sinkel aber gar nicht nötig. Durchaus nach dem Vorbild der Meister der Biographie wie Stefan Zweig, Franz Werfel und Klaus Mann hat er den epischen Roman eines Lebens geschrieben: solide auf der Basis umfangreicher Recherchen. Das beweist der Literaturnachweis im Anhang. Die literarische Montagetechnik verweist auf Bernhard Sinkels frühere Profession als Filmemacher. Vor allem auf seinen TV-Vierteiler „Väter und Söhne“ über die Verstrickung der I.G. Farben in den Holocaust. „Augenblick der Ewigkeit“ war ursprünglich als Pendant geplant, kam dann aber durch eine Verkettung unglücklicher Umstände nicht zustande.
Bernhard Sinkel hat in den 1970er-Jahren – zusammen mit seinem früh verstorbenen Partner Alf Brustellin – zu den erfolgreichsten deutschen Filmemachern gehört. Ihre Groteske über zwei listige Senioren „Lina Braake“ bekam 1974 nicht nur Kritikerlob und zahlreiche Preise, sondern auch ein großes Kinopublikum. Applaus gab es auch für Sinkels elegante Verfilmung des „Felix Krull“ (1981) und seine Filmbiographie „Hemingway“ (1987), die er beide mit internationaler Besetzung drehte.
Trotz der Erfolge zog sich Bernhard Sinkel vom Film zurück und widmete sich zunächst der Operninszenierung (u.a. „Die Bassiarden“ in Berlin und „Parsifal“ in Nürnberg“). Daran schloss sich in den letzten Jahren eine Karriere als Schriftsteller an. Mit den unkonventionellen Kriminalromanen „Bluff“ und „Der dritte Sumpf“ bewies er sein erzählerisches Talent. Das zeichnet auch „Augenblick der Ewigkeit“ aus – reines Lesefutter auf hohem Niveau. Die Reise eines gebildeten Erzählers in den Grauzonen des Kulturbetriebs im 20. Jahrhundert. Man liest die 540 Seiten mit anhaltendem Vergnügen.
Utta Nehonsky
Na, ganz so toll recherchiert finde ich den Roman nicht. Mich stört vor allem, dass die tschechischen Namen falsch geschrieben sind. Pawel Sixta, der ganz sicher Jaroslav Jezek zum Vorbild hat, müßte Pavel heißen u.s.w.
Auch sonst hat das Lektorat nicht sehr aufmerksam gelesen. Es gibt eine Menge Rechtschreibfehler und Ungenauigkeiten.