USA 2009 – Regie: Werner Herzog, mit Nicolas Cage, Eva Mendes, Val Kilmer
In den letzten Jahren ist es – zumindest hierzulande – still um den Regisseur Werner Herzog geworden, der in der Vergangenheit mit Filmen wie „Aguirre der Zorn Gottes“ oder „Fitzcarraldo“ einer wichtigsten deutschen Regisseure gewesen ist. Seit einiger Zeit arbeitet Herzog in den USA. Nachdem er bei der letzten Berlinale der Internationalen Jury vorsaß, kommt jetzt mit „Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen“ sein neuester Film in die Kinos. Das hat wohl weniger mit Herzog, als der Besetzung der Hauptrolle mit Nicolas Cage zu tun. Außerdem handelt es sich dabei um ein entferntes Remake des berühmten Abel Ferrara-Films von 1992.
Das Drehbuch lieferte mit William Finkelstein ein versierter Hollywood-Autor. Er verlagerte die Geschichte vom ramponierten Cop am Rande des Nerven-zusammenbruchs von New York nach New Orleans: Obwohl Terence McDonagh als Mitglied der Mordkommission dafür nicht zuständig ist, rettet er während des Hurricanes „Katrina“ unter Einsatz seines eigenen Lebens einen Strafgefangenen aus den Fluten. Dafür wird er zum Lieutenant befördert. Für sein Engagement bezahlte Terence einen hohen Preis: Eine Rückenverletzung mit Spätfolgen. Nur noch mit immer höheren Dosen an Schmerzmitteln kann er seinen Dienst versehen. Als auch die nicht mehr helfen, greift er zu härteren Drogen. Geschickt gelingt es Terence seine Vorgesetzten über seine Drogenabhängigkeit hinweg zu täuschen.
Terence wird die Leitung in der Ermittlung eines Mordfalls übertragen. Eine Immigranten-Familie wurde umgebracht. Es gibt sogar einen Augenzeugen. Einer raschen Aufklärung der Angelegenheit dürfte also nichts im Wege stehen. Was nach Routine für den versierten Polizisten Terence aussieht, entwickelt sich zu einem Trip in einen Dschungel schlimmster Korruption. Der meistens zugedröhnte Terence verliert immer mehr den Überblick und wird vom Jäger zum Gejagten. Damit folgt Werner Herzog klassischen Vorbildern aus der Schwarzen Serie von Raymond Chandler und Dashiell Hammett.
Mit Abel Ferraras „Bad Lieutenant“ hat sein Film nicht mehr als den Titel gemeinsam. Vor dem Hintergrund eines New Orleans, an dessen Stadtbild die Spuren der Flutkatastrophe unüber-sehbar sind, schickt Herzog ein menschliches Wrack auf den Weg, das Gute gegen das Böse zu verteidigen. Doch Terence hat längst nicht mehr die Lösung des Kriminalfalls im Sinn, sondern wie er möglichst reibungslos seinen Drogen-Bedarf decken kann. In einer durch und durch verdorbenen Welt, ist der Cop damit sogar erfolgreich. Werner Herzog sieht in seinem Film deshalb auch komische Momente, wenn er sagt: „Bei der ersten Lektüre des Drehbuchs dachte ich an eine Komödie – mit einem sehr seltsamen befremdlichen Humor. So habe ich den Film dann auch inszeniert. Ich glaube der Zuschauer wird diesen schwarzen Humor verstehen….“
Werner Herzog war als Regisseur immer schon dann am besten, wenn er Borderline-Persönlichkeiten in den Mittelpunkt seiner Filme stellte. So ist der ausgebrannte Terence ein geistiger Verwandter von „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“. Als zynische Beschreibung menschlicher Abgründe gehört „Bad Lieutenant“ zu den besten Filmen dieses Regisseurs. Ein unbarmherziger Blick auf eine in jeder Beziehung klamme Welt, in der wenig Hoffnung besteht, wieder aufs Trockene zu kommen…
Terence McDonagh hat auch etwas vom Fatalismus des deutsch-amerikanischen Kampfpiloten Dieter Dengler, über den Herzog gleich zwei Filme gemacht hat. Die TV-Dokumentation „Flucht aus Laos“ (1997) und die Spielfilmvariation „Recue Dawn“ (2006) mit Christian Bale in der Titelrolle. Ein später, durchaus aber interessanter Beitrag zur filmischen Aufarbeitung des Vietnamkriegs. Das mag der Grund gewesen sein, warum Sony diesen Herzog-Film gar nicht in die deutschen Kinos brachte, sondern gleich auf DVD veröffentlichte.
Dazu der Hörfunk-Beitrag:[media id=76 width=320 height=20]