Jeder in der Branche wusste, das Bernd Eichinger (Jahrgang 1949) nach dem Fassbinder-Motto lebte: „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin“. Immer auf dem Sprung! Er war der erste deutsche Filmproduzent der Nachkriegszeit, der seine Projekte bis in kleinste Detailfragen des Marketings durchplante. Dabei hatte er einen siebten Sinn für die Auswahl des Regisseurs, des Autors und die Besetzung. Ebenso für das momentane Lebensgefühl in der Welt, die Wünsche des Publikums – nicht nur in Deutschland, sondern international. Experimentierfreudig, dabei immer vererdet, ging er neue Wege.
Am Anfang – d.h. im Anschluß an sein Studium an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film – stand eine Phase der Selbstfindung und des Experiments. Mit seiner Firma „Solaris“ prodzierte Bernd Eichinger zum Beispiel 1977 Hans-Jürgen Syberbergs siebenstündigen Film-Essay „Hitler – Ein Film aus Deutschland“.
Dann ab 1981 der Aufstieg zum wichtigsten und vielseitigsten Filmproduzenten der Republik: auf den Zeitgeist-Hit „Christiane F. – wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (Regie: Uli Edel) folgten weitere Bestseller-Verfilmungen, die den Weltmarkt im Blick hatten.
Mit für deutsche Verhältnisse üppigem Budget entstand 1984 nach Michael Ende „Die unendliche Geschichte“. Wolfgang Petersen inszenierte mit internationaler Besetzung in Englisch. Danach ging es im großen Stil weiter: „Der Name der Rose“! Umberto Eccos Roman wurde von Jean-Jacques Arnaud werkgetreu verfilmt und verhalf Sean Connery zu einem Comeback als Charakterschauspieler.
Erste Dämpfer seines Höhenflugs mußte Bernd Eichinger allerdings anschließend mit Doris Döries amerikanischem Versuch „Ich und Er“ nach Alberto Moravia und Uli Edels mißglückter „Letzten Ausfahrt Brooklyn“ (1988/89) hinnehmen. Beide Filme floppten.
Eichinger ließ sich davon entmutigen: er suchte und fand Alternativen, um die Defizite auszugleichen: „Manta Manta“ (1991) war die Wiedergeburt der bundesdeutschen Klamotte aus den 1950er Jahren. Ein großes Publikum erfreute er mit munteren Verfilmungen der „Brösels“ Proll-Comics „Werner Beinhart“. Damit hatte Eichinger ein neues Feld für sich und seinen „Neue Constantin Filmverleih“ entdeckt: beinharte Komödien für den einfachen Geschmack: Beiträger war zunächst der kölsche Komödiant Tom Gerhardt (von „Voll Normaal“ bis „Die Superbullen“), mit dem Eichinger auch die TV-Serie „Hausmeister Krause“ kreiierte. Später fand Eichinger in „Bully“ Herbig einen weiteren Star im komischen Fach: „Der Schuh des Manitu“ ließ die Kinokassen klingeln.
Über den Krach-Humor hat Bernd Eichinger aber nie das Bildungspublikum vergessen, das er mit seinen Bestseller-Verfilmungen im Edel-Look wieder ins Kino lockte: vom „Geisterhaus“ bis zum „Parfum“. In seiner Vielseitigkeit und seinem Gespür für Talente, gab Bernd Eichinger dem nicht nur deutschen, sondern europäischen Produzenten ein neues Profil. Er verstand auf allen Klavieren zu spielen und verhalf damit dem Beruf zu neuem Ansehen – holte holte ihn aus der Aschenbrödel-Ecke. Nonchalant gelang es ihm schließlich mit der „Resident Evil“-Serie in Amerika Fuß zu fassen.
Einer der erfolgreichsten „Ziehsöhne“ Eichingers ist Till Schweiger, den er aus einer nachgeordneten Rolle in der „Lindenstraße“ für „Manta Manta“ engagierte und dann mit „Der bewegte Mann“ zum Star machte. Er hat viel von Eichinger als Produzent gelernt und brachte es mit seinen eigenen Erfolgen „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ zum Hoffnungsträger der deutschen Filmbranche. Auch Schweigers – gestern Abend uraufge-führtes – neues Werk „Kokowääh“ gibt zu schönsten (kommerziellen) Hoffnungen Anlass. Von Eichinger hat Schweiger außerdem gelernt, dass man sich miesepetrige Journalisten am Besten vom Hals hält…
Deren Verrisse bekam Bernd Eichinger vor allem dann zu spüren, wenn er sich als Regisseur versuchte. Etwa bei der Till Schweiger-Übersinnlich-Melokomödie „Der große Bagarozy“(1999). Seinem TV-Remake von „Das Mädchen Rosemarie“(1996) verdankt Nina Hoss immerhin ihre Filmkarriere.
Wer es mit Bernd Eichinger verdarb, konnte sich umgehend draußen vor der Tür wieder-finden. So Volker Schlöndorff, der öffentlich mit Eichingers Produktionskonzept zu „Die Päpstin“ haderte. Ehe er sich versah, war er die Regie los und durch Sönke Wortmann ersetzt…
Bernd Eichinger: ein Produzent mit Ecken und Kanten, der rast-und kompromißlos seinen Kino-Visionen folgte. Wie kein anderer hat er damit dem deutschen Film neue Perspektiven gewiesen. Dafür haben wir ihm alle zu danken!