USA 2012
Regie: Kathryn Bigelow
Mit Jessica Chastain, Jason Clarke, Kyle Chandler
Kinostart: 31. Januar 2013
Am 1. Mai 2011 ist Osama bin Laden in einem Anwesen am Rande der Pakistanischen Stadt Abbottabad von einer Spezialeinheit der amerikanischen Armee ausfindig gemacht und erschossen worden. Dem sind jahrelange Recherchen des CIA voraus gegangen. Die genauen Umstände unterliegen nach wie vor der Geheimhaltung. Um so bemerkenswerter ist vor diesem Hintergrund, das ein Spielfilm für sich in Anspruch nimmt, Licht in das Dunkel der Jagd auf den Chef des Terrornetzwerks Al Kaida zu bringen. In den USA hat „Zero dark thirty“ von Kathryn Bigelow und Mark Boal beträchtliches Aufsehen erregt. Dazu gehörte eine Anklage aus den Kreisen der Republikaner wegen angeblichen Geheimnisverrats. Diese Woche startet das umstrittene Werk auch in den deutschen Kinos. Regisseurin Bigelow ist für ihren vorletzten Film „Tödliches Kommando – The hurt locker“ mit einem Oscar ausgezeichnet worden. Auch „Zero dark thirty“ ist für mehrere Oscars nominiert.
Dan (Jason Clarke) ist ein versierter Folterspezialisten des CIA. Im Moment arbeitet er sein ganzes Repertoire an Ammar (Reda Kateb) ab. Der junge Mann gilt als verdächtig und extrem unkooperativ. Dass er tatsächlich keine Ahnung vom Versteck Osama Bin Ladens haben könnte, passt nicht ins Bild seines Peinigers. Zuviel Zeit ist seit 9/11 verstrichen, zu viele Pannen haben dass Katz und Maus-Spiel begleitet, das der Al Kaida mit dem CIA und diverse Spezialeinheiten der US-Armee in den letzten Jahren veranstaltet hat. Der Erfolgsdruck auf den CIA wächst von Tag zu Tag. Deshalb kennen Leute wie Dan in Guantanamo und in den diversen Geheimgefängnissen rund um den Globus keine Hemmungen mehr, wenn es darum geht, an Informationen zu kommen. Der Druck von oben wächst….
Markige Durchhalteparolen helfen ebenso wenig weiter wie Folterpraktiken aus dem Mittelalter. Die junge CIA-Agentin Maya (Jessica Chstain) soll neue Strategien entwickeln. Sie regt an, sich von der Idee zu verabschieden, Osama bin Laden halte sich in einer Höhle in den unübersichtlichen Gefilden des Hindukusch versteckt. Wesentlich naheliegender sei, Bin Laden in einer Großstadt zu suchen. Nur hier stünden ihm die technischen Möglichkeiten zur Leitung seines Netzwerks zur Verfügung.
Eine simple Erkenntnis! Zu simpel, als das man im CIA-Hauptquartier darauf bisher gekommen wäre. Auf dieser Basis entwickelt Maya eine Strategie von Maulwürfen an der Basis der Al Kaida. Damit hat sie Erfolg. Ganz ohne Folter…
So drastisch und ausführlich wie noch nie in einem amerikanischen Film zeigen Kathryn Bigelow und ihr Drehbuch-Autor in „Zero dark thirty“ wie amerikanische Beamte foltern: sinnlos, aber mit Hingabe der Gefangene ist unschuldig, wie sich später herausstellen wird. Konsequent zeigen sie das Ganze aus der Perspektive der ehrgeizigen CIA-Agentin Maya. Dafür gibt es ein reales Vorbild. Sie war für Mark Boal eine wichtige Informantin:
„Deshalb sehen wir die gesamte Entwicklung der Geschichte mit ihren Augen. Es ging Kathryn und mir um eine Innenansicht des CIA. Einem Staat im Staate, der ein Eigenleben führt. Das wurde im Fall Osama bin Laden ganz besonders deutlich. Ein Dokumentarfilm war natürlich nicht möglich. Deshalb die Fiktionalisierung, mit der wir die Entwicklung wie bei einem Thriller dramaturgisch aufladen konnten. Obwohl wir das Ende kennen…“
Bei seinem Drehbuch bediente sich Mark Boal der Mittel des investigativen Journalismus – erschloss sich Informationen, die bisher unter Verschluss waren: die ans Absurde grenzende Jagd auf einen Täter, koste es was es wolle. Egal ob dabei Menschen und Menschenrechte auf der Strecke bleiben. Ebenso wie die Rechtsstaatlichkeit einer zivilisierten Demokratie: „Zero dark thirty“ ist ein kluger Film von klugen Leuten – mit dem Fazit, das der Zweck nicht die Mittel heiligt…