Italien 2013
Regie: Roberto Andò
Mit Toni Servillo, Valeria Bruno Tedeschi
Kinostart: 27. Februar 2014
Lange Zeit war es still um den Film in Italien. Die Zeiten der Fellini und Visconti vorbei. Nur selten gab italienische Produktionen zu sehen, die der Rede wert waren und den Weg in deutsche Kinos schafften. In letzter Zeit ist ein italienischer Filmfrühling zu beobachten. Ein Zeichen für den Aufbruch ist zum Beispiel die Auszeichnung von „La Grande Bellezza“ mit dem Europäischen Filmpreis als „Bestem Film“ und Hauptdarsteller Toni Servillo als „Bester Hauptdarsteller“. Servillo spielt auch die Hauptrolle in „Viva la Libertà“ von Roberto Andò, der diese Woche in die deutschen Kinos kommt.
Die Welt ist schlecht! Daran sind vor allem die Politiker schuld mit ihren Profilneurosen und ihrem Hang, sich aus den Niederungen ihrer Wähler zu verabschieden. So ungefähr lässt sich Alberto Anòs bissige Satire „Viva la Libertè“ auf den „Punkt“ bringen. Das Spiel mit der Macht ist für den Politiker Enrico Oliveri zum Lebensinhalt, nein zum Lebenselixier geworden. Leider hat er sich daran zu sehr berauscht und den Überblick verloren.
Oliveri ist als Chef der größten italienischen Oppositionspartei ins Straucheln geraten. Vom Wahlvolk wird er frontal angegangen, seine Umfragewerte deuten nach unten. Der Politprofi weiß, was das bedeutet: Kampf um jeden Preis! Und weil er dazu keine Lust hat, packt er seinen Trolly und taucht heimlich ab. Seine Parteifreunde sind ratlos.
Doch da fällt einem findigen Kopf ein, dass Enrico einen Zwillingsbruder hat. Er heißt Giovanni; seine Genialität hat ihn in die Psychiatrie gebracht. Eben ist er aus der Geschlossenen entlassen worden. Das trifft sich gut:
Giovanni sieht seinem Bruder zum Verwechseln ähnlich; ein bisschen verschroben vielleicht und nicht ganz von dieser Welt. Was für einen Politiker eher von Vorteil, als von Nachteil ist. Außerdem hat Giovanni große Lust die Stelle seines Bruders einzunehmen. Mit bemerkenswerter Nonchalance gibt Giovanni als Enrico Interviews.
TAuch im Parlament glänzt Giovanni in einer rhetorischen Art und Weise, wie man das von seinem Bruder schon lange nicht mehr gehört hat. Das Schöne daran, keiner merkt den Rollentausch. Hohn und Spott gießt Roberto Andò in „Viva la Libertà“ über der Kaste der Politiker aus. Mit verführerischer Eleganz und Bildern, die an die Illustrationen angesagter Lifestyle-Zeitschriften erinnern, be-schreibt er den Politzirkus als Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Mit einem wieder einmal göttlichen Toni Servillo in einer Doppelrolle. Obwohl Regisseur Andò die Groteske auf die Spitze treibt, verliert er dabei nicht die Wirklichkeit aus den Augen. Es gibt in „Viva la Libertà“ ziemlich viel zu lachen und doch bleibt am Ende die bittere Er-kenntnis, dass die politische Kultur nicht nur Italien im Argen liegt und der Erneuerung bedarf. Dank italienischer Grandezza hat aber selbst die Moral in diesem Film einen hohen Unterhaltungswert!