Deutschland 2010
Regie: Christoph Hochhäusler
Mit Nicolette Krebitz, Robert Hunger-Bühler
Kinostart: 24. März 2011
Der distanzierte Blick auf die Wirklichkeit einer urbanen Stadtlandschaft charakterisiert den Stil der Filmemacher der sogenannten „Berliner Schule“. Ihre prominentesten Vertreter sind Christian Petzold und Christoph Hochhäusler. Hochhäusler ist mit „Milchwald“ (2003) und „Falscher Bekenner“ (2005) bekannt geworden. Sein jüngster Film „Unter dir die Stadt“ hatte im letzten Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes Premiere, wo er vor allem von der französischen Presse als Meisterwerk einer neuen Filmsprache gefeiert wurde.
„Warum hast du das Wort des Herrn verachtet, dass du getan hast, was ihm missfiel? Uria, den Hetiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau Batseba hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durchs Schwert der Ammoniter. Nun, soll von deinem Hause das Schwert nimmermehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias genommen hast, dass sie deine Frau sei.“
So steht es im Alten Testament, im zweiten Buch Samuel. Die Geschichte der Amour fou zwischen König David und der schönen Batseba ist auch die Geschichte eines Gottesgerichts. Christoph Hochhäusler hat sie ins Frankfurter Banker-Milieu übertragen.
Roland Cordes (Robert Hunger-Bühler), steht an der Spitze einer Großbank. Zufällig trifft er Svenja (Nicolette Krebitz). Sie scheint nicht sonderlich glücklich zu sein – in Frankfurt und mit ihrem Mann Oliver, der zum mittleren Management von Cordes Bank gehört. Ziemlich ehrgeizig und nicht minder selbstbewusst, fühlt sich Oliver (Mark Waschke) geschmeichelt, als ihm Cordes einen angeblichen Spitzenjob in Indonesien anbietet. Svenja ist davon weniger begeistert.
Sie ahnt, das etwas nicht stimmt und Cordes ihren Mann aus dem Weg räumen will. Indonesien ist für westliche Banker nämlich ein gefährliches Pflaster ist. Olivers Vorgänger wurde entführt und umgebracht. Die Bank will deshalb ihre Zelte in dem politisch instabilen Land abbrechen. Davon weiß Oliver aber nichts.
In der für ihn typischen unterkühlten Filmsprache ist Christoph Hochhäusler in „Unter dir die Stadt“ der Seelenlage einer ganz bestimmten Mentalität auf der Spur: wenn die Macht den Bezug zur Wirklichkeit gekappt hat. Das verbindet den modernen Konzern-Chef Cordes mit dem Alttestamentarischen König David.
Das hohe Maß der Abstraktion macht den besonderen Reiz von Hochhäuslers Filmen aus – insbesondere „Unter dir die Stadt“. Wie David trifft Cordes schließlich der Fluch. Er hat sich in Bezug auf Swenja ebenso verkalkuliert, wie bei einer brisanten finanziellen Transaktion. Außerdem kommt ihm sein Gefühlshaushalt durcheinander. Wer ein kühnes cineastisches Gedankenspiel schätzt, das im Geiste an Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ erinnert, wird den Besuch dieses Films nicht bereuen!
Als eine Art Gegenstück zu „Unter dir die Stadt“ drehte Hochhäusler sein Segment für das Gemeinschaftsprojekt „DreiLeben“ an dem er sich zusammen mit Christian Petzold und Dominik Graf beteiligt hat.
Dazu Christoph Hochhäusler im Gespräch mit Herbert Spaich:[media id=206 width=320 height=20]