Spanien/Mexiko/Frankreich 2010
Regie: Iciar Bollain
Mit Luis Tosar, Gael Garcia Bernal,Juan Carlos Aduviri
Kinostart: 29. Dezember 2011
1982 ließ Werner Herzog für seinen Film „Fitzcarraldo“ einen Flußdampfer von indianischen Helfern über einen Berg am Amazonas-Delta schleppen. Dabei soll sich der exzentrische Regisseur ziemlich despotisch gegenüber seinen einheimischen Mitarbeitern verhalten haben. Nicht nur der Film, sondern auch das Verhalten des deutschen Regisseurs haben Geschichte gemacht: Letzteres als Beispiel für Arroganz der Europäer gegenüber den Menschen in Lateinamerika, deren Geschichte und Gegenwart sie ausbeuten. Sich damit in eine lange Tradition einreihen. Dazu hat die Spanische Regisseurin Inciar Bollain mit „También la Lluvia/Und dann der Regen“ einen selbstkritischen Film gedreht, der bereits auf mehreren Festivals (u. a. Berlinale 2011) Furore machte.
Der spanische Regisseur Sebastián (Gael Garcia Bernal) hat großes vor: Er will in Bolivien einen authentischen Film über die brutale Eroberung Südamerikas durch Kolumbus drehen. Eine Geschichte der Ausbeutung und des Völkermords. Bei seinem Drehbuch orientierte er sich an den Aufzeichnungen des Dominikaner-Mönches Bartolomé de Las Casas, der als Augenzeuge die Gräuel der spanischen Konquistadoren in seiner „Historia de las Indias“ als einer der ersten beschrieben hat. Sebastián will bolivianische Campesinos nicht nur als Statisten, sondern auch Hauptrollen engagieren. Bereits beim Casting gibt es Probleme: Es melden sich mehr, als gebraucht werden. Die Atmosphäre ist gespannt.
Sebastián findet in dem Bauern Daniel (Juan Carlos Aduviri) die Idealbesetzung für die Rolle des historisch verbürgten Stammes-Fürsten Hatuey, der sich den Eroberern in den Weg stellte und den Kolumbus zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilte.
Daniel ist im Moment als Sprecher der Opposition dabei, den Widerstand gegen die Willkür der bolivianischen Behörden zu organisieren. Ein kluger Kopf, dem nicht verborgen bleibt, dass es in erster Linie finanzielle Gründe sind, die Sebastián und seinen Produzenten Costas bewogen haben, Bolivien als Drehort für ihren Film auszusuchen. Der historische Kolumbus ging in der Karibik an Land. Im armen Bolivien lässt sich billig produzieren: Statisten für die Massenszenen sind zum Beispiel mit zwei Dollar pro Tag zufrieden.
Während Sebastián in abgelegenen Andentälern die blutige Wirklichkeit der spanischen Eroberer rekonstruiert, gärt es in der Provinzhauptstadt Cochabamba. Die Wasserversorgung soll privatisiert und damit für die Bevölkerung unerschwinglich werden.
Icar Bollain hat „Und dann der Regen“ vor dem dem Hintergrund des sogenannten „Wasseraufstands“ angesiedelt, der im Jahr 200 in Cochabamba im Jahr 2000 bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen führte. Eindrucksvoll formuliert Bollain das Dilemma eines Regisseurs dessen soziales Engagement durch Wirklichkeit auf eine harte Probe gestellt wird, als die teuren Dreharbeiten durch die poltischen Unruhen gefährdet werden:
Sebastián drängt unter diesen Umständen auf einen raschen Abschluss der Dreharbeiten – koste es was es wolle. Die Nerven liegen blank. Seine lapidare Begründung: der Aufstand der Arbeiter von Cochabamba werde bereits in wenigen Wochen vergessen sein, der Film aber in die Geschichte eingehen. Der fiktive Filmemacher Sebastian in „Und dann der Regen“ läßt an Werner Herzog oder Ridley Scott denken, die in ihren Filmen zwar die Schrecken der Vergangenheit beschwören, die der Gegenwart aber geflissentlich übersahen.
Und was noch schlimmer ist, die Menschen in Lateinamerika mit derselben Arroganz behandelten, wie die Konquistadoren vor 500 Jahren. Mit „Und dann kam der Regen“ gelang Iciar Bollain darüber hinaus ein spannendes Lehrstück über die engen Grenzen des Filmemachens. Absolut sehenswert!