USA 2010
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Mit Angelina Jolie, Johnny Depp, Timothy Dalton
Kinostart: 16. Dezember 2010
Angeblich soll Hollywood Florian Henckel von Donnersmarck nach „Das Leben der Anderen“ zu Füßen gelegen haben. Doch der umworbene Oscar-Preisträger zog sich erst einmal in Onkel Gregors Kloster Heiligenkreuz bei Wien zurück, um einen neuen Filmstoff zu entwickeln. Die geistliche Umgebung hatte sich schon auf „Das Leben der Anderen“ segensreich ausgewirkt.
In der Klausur ereilte den Filmemacher ein Ruf aus Übersee – von Angelina Jolie, die ihn einlud ein Remake der ebenso wenig bekannten wie erfolglosen französischen Produktion „Anthony Zimmer“ anzufertigen. Die Geschichte um eine Undercover Agentin und einen mysteriösen Gentleman-Gauner, der anderen Gangstern eine beträchtliche Summe abgeluchst und den Fiskus betrogen hat, war bereits von einem halben Dutzend Drehbuchautoren verschlissen worden, ohne das daraus ein Film geworden wäre.
Kein Problem sagte sich der blaublütige Teutone von Donnersmark (Stammbaum bis ins 14. Jahrhundert) und machte sich ans Werk. Am Geld sollte sein Bemühen auch nicht scheitern: 100 Mille und Johnny Depp als Dreingabe, erleichterten im Weiteren die Entscheidung aus „Anthony Zimmer“ „The Tourist“ zu machen – und das Ganze auch noch in Venedig. Wer könnte da „Nein“ sagen!
Leider ist nicht jeder zum Krimi-Machen geboren: Florian Henckel von Donnersmarck gehört nicht dazu. Hilflos dümpelt sein Film über die Runden (gefühlte vier Stunden/in Wirklichkeit 97 Minuten), wie die Gondeln im Canale Grande zur Nachsaison. Verfolgungsjagten misslangen ebenso wie Ballszenen. Frau Jolie stöckelt durch die Szenerie als wolle sie für Kosmetika oder eine Wellness-Farm Reklame machen.
Ihr Partner Johnny Depp blickt vorzugsweise verstört in die Kamera: Er scheint seinen Regie-Übervater Tim Burton zu suchen, um dann den deutschen Donnersmarck zu finden…
Zwischendurch macht „The Tourist“ Station bei Donna Leon und Commissario Brunetti. Wenn Depp im Pyjama vom Dach in einen Marktstand plumpst und dabei einen Polizisten ins Wasser schuppst – erinnert das an italienische Klamotten mit Adriano Celentano. Beweist: Florian Henckel von Donnersmarck tut sich auch im komödiantischen Fach schwer.
Kurzum: der begabte Regisseur sollte zunächst für „The Tourist“ im Kloster Buße tun und dann auf zu neuen Ufern starten. Wir vergessen „The Tourist“ ganz schnell – versprochen!
P.S. Wen das Original von „The Tourist“ interessiert:
„Anthony Zimmer“ von Jérome Selle mit Sophie Marceau und Yvan Attal ist unter dem deutschen Titel „Fluchtpunkt Nizza – Wer ist Anthony Zimmer“ eben auf DVD von Filmconfect veröffentlicht worden. In deutsch und französisch/untertitelt und ausführlichem Bonusteil (Making of, Probeaufnahmen, Drehbuch etc.).
Velant
Die französische Originalversion übertrifft bei weitem das seichte Remake. Schaut Euch lieber „Anthony Zimmer“ an. Weitaus besseres Kino.