Deutschland 2011
Regie: Lutz Hachmeister
Kinostart: 12. Januar 2012
Der Name Joseph McCarthy ist gleichbedeutend mit der „Hexenjagd“ auf Linke in den USA Anfang der 1950er Jahre. Als angebliche oder tatsächliche Kommunisten mit Berufsverbot und schlimmstenfalls Vertreibung rechnen mussten. Das vergifte gesellschaftspolitische Klima machte nicht einmal vor Charles Chaplin halt. Er verließ die USA. Der renommierte deutsche Medienkritiker und Filmemacher Lutz Hachmeister („Das Goebbels Experiment“) hat sich auf Spurensuche nach dem „wirklichen“ Joseph McCarthy gemacht. Sein neuer Film „The real American – Joe McCarthy“ kann mit einigen Überraschungen aufwarten.
Ebenso wie er als Kind der Stinktier-Plage in Mutters Garten in Appleton, Wisconsin ein Ende gemacht hatte, wollte Joseph Raymond McCarthy in der amerikanischen Gesellschaft aufräumen. Mit enormer Energie schaffte der Sohn aus einfachen Farmer-Verhältnissen nicht nur sein Jura-Studium mit Auszeichnungen, sondern den Einzug in den amerikanischen Kongress als Abgeordneter der Republikaner und den Aufstieg zum Senator.
Mit einem siebten Sinn für den Zeitgeist, fand McCarthy Anfang der 1950er Jahre „sein Thema“: die angebliche kommunistische Unterwanderung der USA. Das passte in die Zeit des Kalten Krieges. Dabei verstand es McCarthy als einer der ersten amerikanischen Politiker, das noch junge Fernsehen als Podium für seinen hemdsärmeligen Populismus zu nutzen.
Eloquent machte McCarthy Stimmung gegen alles, was in seinen Augen „Kommunistisch“ war – von der Sowjetunion bis zu den Intellektuellen von der Ostküste der USA, die für den Aufsteiger nur Häme übrig hatten und für seine Denkungsart den Begriff „McCarthismus“ prägten. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich um den Begriff „MacCarthism“ und Joseph McCarthy selbst ein Mythos gerankt, hinter dem die historische Wirklichkeit zu verschwinden droht. Lutz Hachmeister will mit seinem Film „The real American – Joe McCarthy“ einen Beitrag zu einem realistischen Bild des Politikers und seiner Wirkung leisten. Er zeigt in seinem Film, dass Joseph McCarthy in der amerikanischen Politik 1950er Jahre im Grunde keine große Rolle spielte. Er war für kurze Zeit der Prolet fürs Grobe.
Er hatte zum Beispiel mit dem berüchtigten „Ausschuss für unamerikanische Umtriebe“ nichts zu tun. Da übten sich in einer ge-sellschaftlichen Grauzone Politiker wie der spätere Präsident Richard Nixon als „Hexenjäger“.
Ebenso wie es nach Hachmeisters Recherchen nicht der engagierte CBS-Journalist Ed Murrow war, der mit seiner Sendung „See it now“ McCarthy demontierte. Auch das ist eine Legende. In Wirklichkeit war Präsident Eisenhower die ständige öffentliche Präsenz des Senators ein Dorn im Auge. Als McCarthy schließlich das Gerücht einer kommunistischen Unterwanderung der US-Armee verbreitete und bei einem öffentlichen Hearing die Beweise schuldig blieb, war seine Karriere bereits 1954 zu Ende. Er starb wenig später als Alkoholiker.
Lutz Hachmeisters Film überzeugt nicht nur durch seine exakte Recherchen, sondern die gelungene Kombination aus Archiv-Material, Interviews mit Zeitzeugen und nachinszenierten Spielszenen. „The real American – Joe McCarthy“ ist filmischer Geschichtsunterricht im besten Sinnen und ergänzt vorzüglich „J. Edgar“, den biographischen Spielfilm über den FBI-Gründer J. Edgar Hoover von Clint Eastwood. Der läuft diese Woche in den Kinos an!
Dazu ein Gespräch mit Lutz Hachmeister: [media id=241 width=320 height=20]