Deutschland 2010
Regie: Ali Samadi Ahadi
Kinostart: 24. Februar 2011
Unterschiedlicher könnte das bisherige Oevre des in der Bundesrepublik aufgewachsenen iranischen Filmemachers Ali Samadi Ahadi nicht sein: auf den 2006 (zusammen mit Oliver Stoltz) gedrehten Dokumentarfilm „Lost Children“ über Kindersoldaten in Afrika folgte 2009 die originelle Multikulti-Komödie „Salami Aleikum“. Sie hatte am 12. Juni 2009 im Programm des „Filmfest Emden“ eine umjubelte Premiere.
An diesem Tag wurde es amtlich, das in Teheran der amtierende Präsident Achmadineschad seine Wiederwahl durch massive Manipulationen durchgesetzt hatte. Die in den nächsten Tagen stattfindenden Proteste wurden von Polizei und Milizen brutalst nieder geknüppelt. Da verging Ali Samadi Ahadi die Feierlaune.
Er schreibt dazu: „Es brauchte wirklich Wochen, bis ich aus diesem taumelden Zustand heraus kam und den Entschluss fasste, das zu machen was ich am besten kann: Einen Film über die iranischen Ereignisse im Sommer 2009“. Das Ergebnis hatte beim letztjährigen „Filmfest Hamburg“ Premiere und wurde Anfang des Jahres zum „Sundance Filmfestival“ eingeladen: „The Green Wave“ ist ein Ausnahmefilm!
„Sehr bald war es klar, dass wir dafür eine besondere Erzählsprache finden mussten, denn für die Geschehnisse, die hinter uns lagen, gab es nur bruchstückhafte Bilder in schlechter Qualität der Handys oder Bilder aus den Archiven, die nur fragmentarisch die Situation abdeckten“.
Mit ungewöhnlichen formalen Mittel betrat Ali Samadi Ahadi bei „The Green Wave“ Neuland. Er kombinierte die Handy-Bilder mit Animationen, die an „Waltz with bashir“ erinnern. Hier verdichtete er in einer quasifiktiven Handlung Augenzeugenberichte, die über Blogs, Facebook und Twitter verschickt wurden und zwar von den Opfern ebenso wie von den Tätern. Auch das ist eine neue Qualität staatlichen Terrors im Spiegel der Öffentlichkeit.
Was zum Beispiel in Argentinien erst nach der Videla-Diktatur offenbar wurde, konnte man im Sommer 2009 postwendend im Internet lesen – detailierte Schilderungen von allen Spielarten der Grausamkeit aus der Täterpersektive. Facebook als Beichtstuhl!
Ergänzt wird das Ganze mit selbst gedrehten Zeitzeugen-Interviews – zum Beispiel mit der Friedens-Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Das verbindet sich zu einer verstörenden Dokumentation über ein Regime, das vor nichts zurück schreckt, um an der Macht zu bleiben.
Sie bekommt durch die aktuellen Vorgänge in Ägypten und Libyen eine zusätzliche Dimension. Ein großartiger, politisch eminent wichtiger Film, den man sich auf keinen Fallen entgehen lassen sollte!