China 2013
Regie: Wong Kar Wai
Mit Tony Leung, Ziyi Zhang
Kinostart: 27. Juni 2013
Exquisit bebilderte Liebesgeschichten vor dem Hintergrund des modernen Chinas sind das Markenzeichen des Regisseur Wong Kar Wai. Film wie „In the mood for love“ oder „Happy together“ haben ihn berühmt gemacht. Weniger bekannt ist, dass der Regisseur mit „Ashes of time“ bereits 1994 einen der interessantesten Martial Arts-Filme gedreht hat. Daran knüpft er mit seinem neuen Film „The Grandmaster“ an, der im Februar die diesjährigen Berliner Filmfestspiele eröffnet hat und heute in den deutschen Kinos startet.
Südchina 1936. Die Stadt Forshan ist ein Zentrum der chinesischen Kampfkunst Kung Fu. Hier wird vor allem die Stilart „Wing Chun“ gepflegt. Im Gegensatz zum traditionellen Kung Fu beruht „Wing Chun“ auf einer betont defensiven Führung des Kampfes. Um die Überlegenheit der Tradition zu demonstrieren, die auf Angriff setzt, ist der Kung-Fu Meister Gong Bao-Sen angereist. Er wird von seiner Tochter Gong Er begleitet – ebenfalls eine Meisterin des Kampfsports. Sie fordert den Lokal-Matador IP Man heraus. Der Kampf endet unentschieden.
Sie werden sich noch mehrfach wiedersehen. Aber die Zeiten sind nicht danach, um sich angemessen dem Kung Fu, seinen physischen und mentalen Dimensionen zu widmen. Ebensowenig der Liebe. Japan hat China überfallen, dessen innenpolitisches System zerrüttet ist.
Meister Bao-Sen glaubt, mit der Kraft der Jahrhunderte alten geistigen Tradition des Kung Fu, dem Chaos im Land eine positive Kraft entgegen setzten zu können. Er bittet seinen Meisterschüler Ma San zu sich, nach dem er IP Man als unqualifiziert abgelehnt hat. Dem alten Mann ist entgangen, das Ma San mit den japanischen Okkupanten kollaboriert und Wing Chun letztlich die effektivere Methode ist, einen Gegner ins Aus zu manövrieren.
Man San wird seinen Meister schließlich umbringen. Als die Kommunisten Ende der 1940er Jahre die Macht im Staate übernehmen, emigriert IP Man in die englische Kronkolonie Hongkong und versucht einen neuen beruflichen Start als Wing Chun-Lehrer.
Regisseur Wong Kar Wai hat mit „The Grandmaster“ einen aufregenden Film gedreht, der auf der Basis des Martial-Arts-Genres mehrere Ebenen hat: die Auseinandersetzung der unterschiedlichen Kung-Fu-Schulen vor dem Hintergrund der Chinesischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Eine symbolträchtige Angelegenheit, die für den westlichen Betrachter nicht immer leicht zu verstehen ist. Ebenso setzt der Film die Grundkenntnisse über die unterschiedlichen Kung Fu-Stile voraus. Außerdem wichtig zu wissen, das P Man als Trainer von Bruce Lee in die Geschichte eingegangen ist und wesentlich dazu beigetragen hat, dass das – im Unterschied zum klassischen Kung Fu – wesentlich leichter erlernbare Wing Chun inzwischen eine weltweit verbreitete Massensportart geworden ist.
Wen das alles weniger interessiert, kommt bei „The Grandmaster“ dank grandios choreographierte und gefilmte Kampfsportszenen trotzdem voll auf seine Kosten. Da zeigt sich, dass Wong Kar Wai eben ein Meister der Filmkunst ist, der mit „The Grandmaster“ einen Ausnahmefilm geschaffen hat!