Ein Schwerpunkt auch der diesjährigen Schweizer Filmschau ist der Dokumentarfilm – die Domäne der eidgenössischen Cinematographie. Neben einem skeptischen Blick von Bruno Moll auf die Jahrhunderte alte Tradition des „Alpsegens“, standen heute zwei Filme im Mittelpunkt, in denen es um Modelle gegen die Gewalt geht – in Indien und in Israel. Alle drei verbindet die vage Hoffnung auf bessere Zeiten.
Nach „Rajas Reise“ (2007) ist Karl Saurer, einer der Altmeister des Schweizer Dokumentarfilms, für „Ahimsa“ wieder in Indien unter-wegs gewesen. Er beschreibt diesmal das zähe Bemühen der Ureinwohner im Madhya Pradesh, einem entlegen Teil Indiens, um Land und Wasser. Dabei folgen sie dem Beispiel Ghandis in absoluter Gewaltfreiheit. Saurer gibt den Menschen in seinem Film Raum und dem Zuschauer Gelegenheit, große Persönlichkeiten kennen zu lernen.
Dabei korrespondiert die Kamera mit einer imponierenden Landschaft, die sich im Wesen seiner Bewohner wiederspiegelt. Ein ruhiger, ans Meditative grenzender Film, wunderschön ausbalanciert!
Schwierigen Verhältnissen ist auch David Vogel mit „Shalom Chaverim, Shalom Shalom“, seiner Diplomarbeit für die Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, auf der Spur. Dafür hat er das einjährige Experiment in Haifa mit der Kamera beobachtet, bei dem sich sechs 18jährige israelische Juden und israelische Araber in einer Wohngemeinschaft zusammen gefunden haben. Sie werden von Psychologen und Theaterpädagogen begleitet.
Eine klammheimlicher Versuch, israelisch-arabisch/palästinensische Gemeinsamkeit in einem Feldversuch einzuüben. Der allerdings unter erschwerten Bedingungen stattfindet – für die jungen Israelis in der Zwischenphase zwischen Schulabschluß und obligatem Militärdienst, von dem die in Israel lebenden Araber wiederum befreit sind.
Vogel zeigt, wie sich die jungen Leute sich rätlich Mühe geben, zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten Gemeinsamkeit zu leben und mit den Möglichkeiten des Theaters auszuagieren. Aber die äußeren Verhältnisse sind eben nicht vom Ausgleich bestimmt und lässt die Jungen vor der Zeit altern. Das hat man schon lange nicht mehr derart bestürzend gesehen. Ein schlechtes Zeichen für ein Staatswesen!
Deshalb bleibt am Ende nur der Kummer angesichts der Machtlosigkeit des Einzelnen und die beschränkten Möglichkeiten, den Frieden zu wagen. Um dem Militärdienst zu entgehen, heiratet eine der Teilnehmerinnen eine deutsche Skype-Bekanntschaft, um sich bei nächster Gelegenheit wieder scheiden zu lassen und einer der Jungs lässt sich das Zeichen der Internationalen Friedensbewegung auf den Fuß tätowieren.
Von der beklemmenden Atmosphäre und dem resignativen Fazit ab-gesehen, ist dem Züricher Nachwuchsfilmemacher David Vogel ein bemerkenswertes Beispiel dafür gelungen, das er sein Handwerk versteht und schwierige Sujets zu händeln vermag.
Das hat Bruno Moll schon mehrfach bewiesen: zum Beispiel 2007 mit „Zu Fuß nach Santiago de Compostella“. Spirituell geht es auch in seinem neuen Film „Alpsegen“ zu. Das Ritual des abendlichen Segnens bekommt bei ihm allerdings die Dimension einer Fürbitte für eine Welt, die göttlichen Zuspruch dringend nötig hat… Auch das ein Film, der lange nachwirkt und der vieleicht auch ein bißchen tröstet….