Südkorea/USA/Frankreich 2013
Regie: Bong Joon-ho
Mit Chris Evans, Jamie Bell,John Hurt,Ed Harris, Tilda Swinton
Kinostart: 3. April 2014
Comic-Verfilmungen stehen in Amerika hoch im Kurs. Ob Klassiker wie „Superman“, „Batman“ und „Captain America“ oder neuere Schöpfungen wie „X-Man“ werden in immer neuen Folgen in die Kinos der Welt gezwängt. Aber auch die feineren Verwandten des gewöhnlichen Comics aus der Familie der „Grafic Novel“ werden zu-nehmend von Filmemachern entdeckt. So adaptierte Abdellatif Kechiche die „Grafic Novel“ „Die warme Farbe Blau“ von Julie Maroh. Ebenso ungewöhnlich ist die filmische Version des Kult-Klassikers „Schneekreuzer“ von Lob/Rochette/Legrand geworden. Für ein Koreanisch-Amerikanisch/Französisches Produzentenkonsortium machte Bong Joon-Ho, einer der bekanntesten südkoreanischen Regisseure, einen Film, der mehrfach ausgezeichnet international für Aufsehen sorgte. Unter dem Titel „Snowpiercer“ ist er jetzt auch bei uns zu sehen.
Die Erde ist nicht mehr zu retten oder doch? Apokalypse now oder später? Diese Fragen treiben die Comic-Helden teilweise über Jahr-zehnte von Fortsetzung zu Fortsetzung. Neuerdings auch die Filme – insbesondere die der Firma Marvel. Das neueste Erzeugnis heißt „The return oft he first avenger“ und ist letzte Woche hierzulande gestartet.
Mit der dröhnenden Redundanz solcher Produktionen hat „Snowpiercer“ nichts zu tun. Ebenso wenig wie die bibliophile Vor-lage mit einem Serien-Comic. Dabei gibt es durchaus Gemeinsam-keiten: das Endzeit-Szenario und die männliche Hauptrolle. Der Amerikaner Chris Evans spielt sie hier wie dort. Doch damit hat es sich dann auch mit den Gemeinsamkeiten. Zwischen den „Avanger“-Regisseuren Anthony & Joe Russo und Bong Joon-ho liegen Welten. Zuletzt lehrte Bong dem Publikum mit einem menschlichen und einem urzeilichen Monster – in „Mother“ und in „The Host – das Fürchten.
Durch die endlose Schneewüste, die einmal die Erde gewesen ist, fährt ein langer Zug. Seine Passagiere sind die letzten Überlebenden einer Klimakatastrophe, die von den Menschen verursacht wurde. Um die weitere Erderwärmung zu verhindern, ist in großem Stil Kältemittel versprüht worden. Weil die beteiligten Nationen dabei nicht kooperierten kippte das Klima in die andere Richtung um. Ein cleverer Unternehmer sah das Unheil kommen und konstruierte einen im Inneren klimatisierten und im Äußeren winterwetterbeständigen Zug. Während es sich in der Ersten und der Econnomie-Klasse auch über Jahre angenehm reisen, lässt gibt es in der verrotteten Holzklasse Grund zur Klage. Eine Revolte des Proletariats kündigt sich an. Security versucht den Aufstand niederzu-schlagen.
Das klingt noch nach konventionellem Action-Film. Doch die düsteren Bilder, eine fesselnde Dramaturgie deuten an, dass es in „Snowpiercer“ um mehr geht. Curtis, der Anführer der Rebellen versucht an die Spitze des Zuges zu kommen, um den Chef des Reise-unternehmens zur Rede zu stellen und Gleichbehandlung einzuklagen.
Curtis wird die bittere Erfahrung machen, dass eine Revolution nicht weiter hilft, solange die Mächtigen und Ohnmächtigen im selben Zug sitzen. Fulminant gelingt es Regisseur Bong Joon-ho das kafkaeske Spiel mit Symbolen in einem großartigen Film zu verdichten, der von Anfang bis Ende, ohne zu entgleisen, die Spur hält: um im Bild des fahrenden Zuges zu bleiben: „Snowpiercer“ gehört im Moment zum interessantesten, das es auf deutschen Leinwänden zu sehen gibt.
Das Buch zum Film „Schneekreuzer“ von Jacques Lob, Benjamin Legrand und Jean-Marc Rochette ist in deutscher Übersetzung im Jacoby Stuart Verlag erschienen…