Einer fehlt beim Kurkonzert: der Italienische Kulturminister Sandro Bondi wird dem Festival de Cannes dieses Jahr nicht die Ehre seines Besuchs erweisen und sorgte damit bereits vor der Eröffnung für einen Mißklang. Anlaß ist der investigative Dokumentarfilm „Draquila – L’Italia che trema“. Die engagierte Regisseurin Sabina Guzzanti setzt sich damit schonungslos mit der unrühmlichen Rolle von Ministerpräsident Silvio Berlusconi beim Wiederaufbau der im April 2009 bei einem Erdbeben zerstörten Stadt L’Aquila auseinander. Rasant monitiert, zeigt der Film einen korrupten Sumpf, in dem die angebliche Soforthilfe für Menschen versunken ist; einen Zivilschutz, der sich eher als Verhinderer als Helfer in der Not erwies. In Italien hat „Draquila – L’Italia che trema“ bereits für eine Medienoffensive der politischen Rechten gesorgt. Von einem „Propagandafilm, der das italienische Volk beleidige“ist da die Rede. Wie war das mit dem Hund, der bellt?
In Cannes ist der Film morgen Abend in einer Sondervorführung zu sehen. Das ehrt die Festivalleitung. Der politische Ausgleich folgt dann gegen Ende der Filmfestspiele mit Nikita Mikhalkovs faschistoidem „Im Glanz der Sonne, Teil 2“. Festivalchef Thierry Fremaux ist eben ein Mann des Ausgleichs. Vielleicht mag Sandro Bondi zu der russischen Heldengendenkverstaltung des Putin-Intimus Mikhalkov an die Cote d’Azur reisen…. Beide Filme werden übringens in Cannes vom selben Weltvertrieb „Wild Bunch“ vertreten.
Hier jedenfalls schon mal der Trailer von „Draquila – L’Italia che trema“: