Heute vor 50 Jahren ist der Schriftsteller und Nobelpreisträger Hermann Hesse in Montagnola im Tessin gestorben. Anlass zu vielerlei Gedenkveranstaltungen. Sein Werk wird mit immer neuen Ausgaben und Zusammenstellungen vom Suhrkamp Verlag betreut. Ein kleiner Aspekt der Hesse-Rezeption: Zeitlebens hat sich der höchst erfolgreiche Dichter vehement gegen die Verfilmung seiner Werke ausgesprochen. Deshalb gehört er mit nur drei Adaptionen zu den am wenigsten verfilmten Autoren der Weltliteratur. Das Spektrum reicht gleichwohl von ambitionierten Versuchen („Siddartha“/“Steppenwolf“) bis zur ärgerlichen Verfälschung der Vorlage („Die Heimkehr“). Angesichts dessen ist es kein Zufall, dass alle drei Filme im Heimatland des Dichters kaum zu sehen waren – die ARD präsentierte „Die Heimkehr“ bereits an Ostern. „Siddartha“ kommt heute neu in die Kinos, „Der Steppenwolf“ erlebt diese Woche seine deutsche DVD-Premiere.
„Wenn zum Beispiel einmal ein Film-Angebot kommen sollte zu einer Zeit, wo ihr in Geldnot seid, dann besteht von meiner Seite keinerlei Verbot. Tut dann, was euch gut scheint…“
Das schrieb Hermann Hesse kurz vor seinem Tod an seine Söhne. Da es weder an akuter „Geldnot“, noch an finanziellen Engpässen beim Suhrkamp Verlag gelegen haben kann, das die Erben und der Rechte-Inhaber 1974 dem amerikanischen Produzenten und Regisseur Conrad Rooks die Erlaubnis zur Verfilmung von „Siddartha“ erteilten, muss ziemlich viel Geld im Spiel gewesen sein. Rooks hatte sich mit seiner filmisch-psychedelischen Morgenlandfahrt „Chappaqua“ für das Projekt empfohlen. Das 1966 gedrehte Werk mit Jean-Louis Barrault, William S. Burroughs und Allen Ginsberg in tragenden Rollen hatte sich unter den Beatniks der Welt zum Kultfilm entwickelt.
Rooks nahm Hesse beim Wort und realisierte seinen „Siddartha“ vor Ort in Indien: mit dem Segen der damaligen indischen Premierministerin Indira Ghandi. Der Bollywood-Star Shashi Kapoor verkörpert die Titelrolle.
Die Reaktionen auf die „Siddartha“ als Weihestück zwischen Erbaulichkeit, Werktreue und Indienseligkeit der Blumenkinder um 1970, waren verhalten. In Deutschland erst 1997 nur kurz und ab heute als Wiederaufführung zu sehen. In den USA hatte inzwischen nicht nur der Drogenpapst Timothy Leary, sondern Intellektuelle auf breiter Basis ein anderes Werk Hesses zur Sinnsuche – „Der Steppenwolf“ – zum postumen Bestseller gemacht.
Auch hier war es ein Außenseiter, der die Rechte zur Verfilmung von Suhrkamp und Hesse-Erben ergattern konnte. Der Amerikaner Fred Heines hatte beste Referenzen. Sein Drehbuch für eine „Ulysses“-Verfilmung war für einen Oscar nominiert worden. „Der Steppenwolf“ wurde als unabhängige amerikanisch-französisch-englisch-schweizer Ko-Produktion im Herbst 1973 in um Basel gedreht.
Den Zauderer Harry Haller verkörpert der Bergman-Star Max von Sydow. Das Ergebnis ist eine kuriose Mischung aus Kostümfilm und filmischem Drogentrip mit psychedelischen Farbeffekten.
Verschreckt präsentierte das ZDF erst 1987 den „Steppenwolf“ stark gekürzt im Nachtprogramm als deutsche Erstaufführung. Zum Jubiläum hat StudioCanal/Arthaus diese Woche den Film in der integralen Fassung auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.
Die ARD hatte wohl mit ihrem Präsent „Die Heimkehr“ zum Hesse-Jubiläum den Dichter als Unkraut jätenden Hobbygärtner im Blick: Jo Baier lieferte deshalb eine hausbackene Gartenlaubenversion von Hesses früher Erzählung – mit August Zirner und Heike Makatsch. Aus der gnadenlosen Abrechnung mit dem Kleingeist wurde unter der Hand ein kleinkariertes deutsches Fernsehspiel. „Seltsam im Nebel zu wandern…“, würde Hesse angesichts dessen gemurmelt haben.
So steht denn die ganz und gar angemessene Adaption eines Hesse-Textes nach wie vor aus: im Mai kündigte die Berliner Senatorfilm-Produktion an, sie bereite eine Verfilmung von „Narziss und Goldmund“ vor – als englischsprachige Großproduktion. Da kann man immerhin darauf hoffen, dass von einer Besetzung der Titelrollen mit Till Schweiger und Matthias Schweighöfer abgesehen wird….