Der Österreichische Filmemacher Ulrich Seidl nennt sich selbst auf seiner Homepage einen „Sozialpornographen“. Seine Arbeiten sind durch die Bank gewöhnungsbedürftig und nichts für prüde, zarte Gemüter. In „Tierische Liebe“ (1995) führte er Menschen vor, die mit ihren Lieblingen eine erotische Beziehung verbindet. Ein Paar lässt sich beispielsweise von ihren kopulierenden Pudeln inspirieren; ein Einsamer findet nicht nur platonische Liebe bei seinem Hamster. In die Abgründe kleinbürgerlicher Schrecken tauchte Seidl besonders gnadenlos in „Hundstage“ (2001) ein. Gestern Abend hatte bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes sein neuestes Werk „Paradies: Liebe“ Premiere. Der erste Teil einer Trilogie.
Teresa ist um die 50 und in der Behindertenbetreuung tätig; außerdem allein erziehende Mutter einer halbwüchsigen Tochter – ebenso übergewichtig wie sie selbst. Während das Mädchen bei der frommen Tante Ferien macht, reist Mama alleine nach Kenia. Bereits am ersten Tag schwärmt ihre eine Urlaubbekanntschaft von den bemerkenswerten Eigenschaften kenianischer Männer vor.
Die Lustobjekte tauchen gleich rudelweise am Strand auf: sie bieten nicht nur allerlei Tand zum Kauf an, sondern auch ihre Manneskraft für die sexuell ausgehungerten Touristinnen. Teresa geniert sich zu-nächst etwas, lässt dann aber bald bei einem gut bestückten jungen Mann mehr als nur den XXL-BH fallen…
Doch die knackigen Jungs sind dummerweise nicht an den „Sugar Mamas“ mit Kummerspeck, Hängebusen und Sonnenbrand an sich interessiert, sondern allein an deren Money. Eine bittere Erfahrung für die Teresa aus Austria.
Gemein, wie von ihm nicht anders zu erwarten, lässt Ulrich Seidl in „Paradies: Liebe“ seine ausnehmend hässlichen Sextouristinnen auf Kenianer mit ihren Astralleibern los. Keine Peinlichkeit ist peinlich ge-nug, um sie nicht gleich mehrfach vorzuführen. Etwa, wenn sich Teresa mit ihrer ganzen schwitzenden Leibesfülle den negroiden Lovern hingibt. Höhepunkt des Films ist eine Damen-Geburtstags-Party mit Herren-Strip und dem anschließenden Wettstreit, wer als erste das Gemächt des Herren zum stehen bringt.
Selbst als jemand, der Einiges auf der Kinoleinwand gewohnt ist, fragt man sich, was uns Ulrich Seidl mit seiner unappetitlichen Fleischbeschau unter afrikanischer Sonne sagen will. Da fällt einem auf Anhieb keine passende Antwort ein: Außer dem Klischee, das Österreicher eben einen Hang zum Ordinären und geschmacklosen Scherzen unter der Gürtellinie haben. So lässt sich Ulrich Seidl mit seinem semidokumentarischen Film einmal mehr als Nachfahre im Geiste von „Bambi“-Erfinder Felix Salten einordnen, der in seiner „Josephine Mutzenbacher“ vor über 100 Jahren mit dem Schweinkram in die Vollen ging… Bemerkenswert allein die Grazer Schauspielerin Margarete Tiesel, die als Teresa Mut zur Hässlichkeit beweist. Ein schwacher Trost nach langen öden zwei Stunden im Kino. Teil 2 der Trilogie „Paradies“ handelt von Teresas missionierender Schwester und Teil 3 von Töchterleins Ferien-Amouren. Demnächst in diesem Theater…