Selbstmord und Staatsbegräbnis oder öffentlicher Schauprozess vor dem Volksgerichtshof und Exekution: vor diese Alternative stellte das NS-Regime im Herbst 1944 einen seiner berühmtesten Soldaten: Generalfeldmarschall Erwin Rommel. Er entschied sich für die erste Variante und vergiftete sich am 14. Oktober 1944. Anlass dazu war neben dem Gerücht, Rommel habe von dem Attentat auf Hitler gewusst, vor allem die Invasion der Alliierten. Für das militärische Desaster auf deutscher Seite machte Hitler Erwin Rommel verantwortlich.
Trotzdem war der Generalfeldmarschall nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland als „Wüstenfuchs“ eine Berühmtheit, über die diverse Filme gedreht wurden. Von Billy Wilders „Fünf Gräber bis Kairo“ (1943) über „Rommel der Wüstenfuchs“ (Henry Hathaway, 1951) bis „Tobruk – Libyen 1941 (Vaclaf Marhoul, 2008). In den Rommel- freundlicheren Filmen wird er häufig in Zusammenhang mit dem Widerstand gegen Hitler gebracht.
Zurzeit finden die Dreharbeiten zu einem neuen „Rommel“-Film statt, der vom SWR koproduziert wird. Er konzentriert sich auf Rommels letzte Monate. Gestern wurden Journalisten zum Set-Besuch auf die Schwäbische Alb geladen:
Ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch: eine Wiese auf der Schwäbischen Alb bei Römerstein. Niki Stein dreht Szenen für seinen dokumentarischen Spielfilm „Rommel“. Dunkle Wolken am Horizont treiben zur Eile. Windböen kündigen ein Unwetter an. Der Regisseur ist im Laufschritt unterwegs.
Donnergrollen der besonderen Art hat das Projekt in den letzten fünf Jahren begleitet: Zwischendurch musste der Drehbuchautor wegen mangelnder Objektivität ausgewechselt werden. Dann gingen die Kinder des Generalfeldmarschalls – Manfred und Cathérine Rommel – Mitte September – acht Tage nach Drehbeginn – an die Öffentlichkeit um ihrer Befürchtung Ausdruck zu verleihen, bei dem Film könnte es sich um eine Demontage ihres Vaters handeln, der als brillanter Militärstratege (Polen-Frankreich-Feldzug) in die Geschichte eingegangen ist. Das ungewöhnliche Vorgehen der Familie brachte die Produzenten von SWR und Teamworx auf trapp. Man versuchte die Wogen zu glätten – an deren Aufmischung sich auch das „Haus der Geschichte“ aktiv beteiligte.
Direkt von einem Treffen mit Familie Rommel, bei dem hausgemachter Butterkuchen gereicht wurde, kamen gestern die SWR-Fernsehspiel-Chefin und Tochter von Finanzminister Schäuble, Christine Strobl, und Niko Hofmann von „Teamworx“ an den Drehort. Alles in Butter, konnte Hofmann mitteilen! Keine Dissonanzen mehr!
In einer Präambel zum Script hat Niki Stein notiert: „Das Drehbuch zu ‚Rommel‘ bemüht sich um zwei Aspekte: Um historische Genauigkeit und emotionale Annäherung an eine geschichtliche Gestalt, die zum Mythos geworden ist“. An der Installation des „Mythos Rommel“ war seine Familie nach 1945 nicht ganz unbeteiligt. In der neueren Forschung ist davon wenig übrig geblieben.
Catherine und Manfred Rommel werden sich u. A. mit der Tatsache abfinden müssen, dass Vater Erwin nicht zum engeren Kreis des Widerstands gegn Hitler gehörte. Einer der Ersten, der entsprechende Hinweise aus seinen Büchern eliminierte, war der renommierte Mannheimer Historiker Peter Steinbach. Er hat die Produzenten des neuen „Rommel“-Films beraten und war gestern ebenfalls am Drehort auf der Alb: Das Drehbuch zu „Rommel“ sei im Großen und Ganzen wissenschaftlich akzeptabel, meinte er. Künstlerische und dramaturgische Freiheit müsse schon sein…
Die menschliche Tragik im Schicksal des Erwin Rommel, als einer von des Teufels Generälen ist die eine, sein Wissen um die Gräuel des NS-Regimes die andere Sache. Da besteht kein Zweifel, dass er über das Wüten der Einsatzgruppen und den Holocaust nicht nur im Bilde war, sondern die Verbrechen kraft seines Amtes auch unterstützte.
Bei der gestrigen Pressekonferenz wurde nachdrücklich betont, im Mittelpunkt des Filmes stehe Rommel als Soldat, der zwischen Pflicht und Neigung oszilliere. Sorgsam vermieden wurde dabei der Hinweis, dass er gleichzeitig einer der Schreibtischtäter gewesen ist, die einen der größten Massenmorde in der Geschichte zu verantworten haben.
Man darf gespannt sein, wie die Macher von „Rommel“ diesen Spagat bewältigen. Dazu ein Gespräch mit Christine Strobl: [media id=228 width=320 height=20]