Eine Ägyptische Reiterstaffel kam im Februar 2011 zu unrühmlicher Bekanntheit, nach dem sie von Agenten des Mubarak-Regimes angestiftet, in die Demonstationen auf dem Tahrir-Platz geloppierte und die Reiter auf die Demonstranten mit ihren Peitschen eindroschen -dann allerdings überwältigt und ihrerseits verprügelt wurden. Da das ganze weltweit medial zu sehen war, sind die Männer seitdem als Kollaborateure verrufen und werden entsprechend gesellschaftlich ausgegrenzt. Davon handelt „After the battle“, bei dem sich der angesehene ägyptische Regisseur Yousry Nasrallah um eine wenig bequeme Sichtweise auf die Revolution im vergangenen Jahr bemüht: er nimmt sich der „Verlierer“ an. Seit 2007 verfolgt Fatih Akin mit der Kamera, wie eine der schönsten Landschaften an der türkischen Schwarzmeer-Küste durch eine unsachgemäßig angelegte Mülldeponie systematisch ruiniert wurde. Allem Widerstand der örtlichen Bevölkerung zum Trotz. So deprimierend seine Langzeit-Dokumentation „Müll im Garten Eden“ im Prinzip ist, zeigt sie doch, wie in der Türkei ein Umweltbewußtsein wächst, das von der Administration auf Dauer nicht mehr ignoriert werden kann. Das Akin seinen Film überhaupt ungehindert realisieren konnte, signalisiert eine Veränderung des Bewußtseins in türkischen Behörden im Umgang mit kritischen Medien.
Handfeste zeit-und gesellschaftskritische Filme gleich zum Auftakt des 65. Festival de Cannes! „After the battle“ wurde im Internationalen Wett-bewerb um die Goldenen und Silbernen Palmen gezeigt; Fatih Akins „Müll“-Film als „Special Screening“, also außer Konkurrenz.
Nasrallahs Film endet mit einem ernüchternden Alptraum des traurigen Helden Mahmoud (Bassem Samra): mit letzter Kraft versucht er eine der Pyramiden zu ersteigen; sie ist so unendlich hoch, er wird es kaum schaffen. Also kein Film, der Optimismus verbreitet. Der Weg zur wirklichen Demokratie in Ägypten ist noch weit und beschwerlich.
Regisseur Yousry Nasrallah (Jahrgang 1952) hat sein Handwerk beim Altmeister des Ägyptischen Kinos Youssef Chahine gelernt. Im Mittelpunkt von „After the battle“ steht mit Mahmout ein ewiger Verlierer, der immer zu spät kommt und alles falsch macht. Dabei möchte der passionierte Reiter eigentlich nur in Frieden mit sich, seinem Pferd und seiner Familie leben.
Zufällig gerät er an die linke politische Aktivistin Reem (Menna Chalaby) aus dem Kairoer Bürgertum. Sie möchte ihm, dem Underdog, gerne helfen, verschlimmert dadurch aber seine Lage nur noch weiter.
Mit zwei populären ägyptischen Stars in den Hauptrollen und den Versatzstücken eines orientalischen Melodrams gedreht, hat der Film in Cannes einen schweren Stand. Trotz eines ausführlichen Presseheftes, bedarf es intimer Kentnisse der innenpolitischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Ägypten der Gegenwart, um „After the battle“ gerecht zu werden. Wer die nicht hat, verlässt das Kino ratlos…
Da macht es Fatih Akin dem Zuschauer mit seinem zweiten Dokumentarfilm (nach „Crossing the Bridge – The Sound of Istanbul“, 2005) „Müll im Garten Eden“ leichter. Präzise schildert er den einsamen, nur von wenigen Mitbürgern unterstützten Kampf des Bürgermeisters des kleinen Bergdorfes Camburnu gegen die Absichten der Regierung oberhalb eine Mülldeponie anzulegen, die einen Großteil des Abfalls der Großstadt Trabzon aufnehmen soll.
Die Pläne lassen das Schlimmste befürchten. Auf Grund seines Engagements muss sich der Bürgermeister wegen „Verhinderung von Staatsinteressen“ sogar vor Gericht verantworten. Als das Unheil seinen Lauf – im wahrsten Sinne des Wortes – nimmt, wird die Anklage zurück gezogen.
Nach Regenfällen, die in der Schwarzmeer-Region besonders heftig ausfallen, verwandeln sich die Bäche der Umgebung von Camburnu durch das Sickerwasser der Deponie in stinkende Kloaken. Das Dorf wird von streunenden Hunden, Ungeziefer und Krähenschwärmen heimgesucht – der sensible Tee-Anbau zunehmend in Mitleidenschaft gezogen.
Doch der Widerstand aus Cumburnu lässt nicht nach – und macht Schlagzeilen. Nachbesserungen werden eingefordert, halbherzig umgesetzt und gehen schief. Lange wird die Zentralregierung nicht mehr tatenlos zusehen können, was hier zum Himmel stinkt.
Der von Fatih Akin akribisch dokumentierte Fall eines Umweltfrevels könnte eine neue Ära im Umgang mit der Natur in der Türkei einläuten. Bisher war Umweltschutz in diesem Land ein Fremdwort – ein Blick in den Bosporus bei Istanbul genügt… Also ein wichtiger Film. Das Cannes ihm ein internationales Forum bietet ist zu loben!