Deutschland 2010
Regie: Philip Koch
Mit Constantin von Jascheroff, Joel Baskan, Frederick Lau, Martin Kiefer
Kinostart: 3. Februar 2011
Gefängnisfilme haben eine lange Tradition: die Palette reicht von „I am a fugitive from a chain gang“ von 1932 über Petersens „Konsequenz“ bis zu „Ein Prophet“ oder TV-Plotten wie „Frauengefängnis“. Dabei geht es unisono um ein Terrorregime, das die mehr oder weniger schuldig einsitzenden Strafgefangenen unter einander installieren. Verhältnisse zum Fürchten, über die es nichts Neues zu sagen und/oder zu zeigen gibt. Sollte man meinen. Trotzdem hat sich Philip Koch (HFF München) daran gewagt: mit „Picco“ realisierte er eine Beschreibung von Knast-Alltag, wie es bisher noch nicht gesehen hat.
Kevin (Constantin von Jascheroff) ist Neuzugang in einem Jugendgefängnis. In der Gemeinschaftszelle wird er als sogenannter Picco erst einmal von den bereits länger einsitzenden Marc (Frederick Lau), Tommy (Joel Basman) und Andy (Martin Kiefer) fertig gemacht. Doch er lernt schnell, die Machtverhältnisse für sich zu nutzen. Jetzt ist Tommy der Dumme und Ziel der Schikanen in der allgemeinen Hackordnung.
Mit unheimlicher Intensität schildert Koch in seinem Film den Verlauf der Gewalt bis zum Mord. Er wird von überfordertem Wachpersonal und einer Gefängnisadministration flankiert, die sich bemüht, die Verhältnisse wenigstens zu verwalten. Zu mehr reicht es nicht.
So sind es denn auch die geringen Chancen für Morgen, die die Inhaftierten an einander geraten lässt. Selbst minimale menschliche Regungen sind hinter den Gefängnismauern zu Rudimenten verkümmert.
Bei „Picco“ ist nicht nur Philip Kochs enorme cineastische Begabung unübersehbar, sondern seine Fähigkeit akribische Recherchen filmisch überzeugend umzusetzen. Dabei standen ihm mit Jascheroff, Basman, Lau und Kiefer einige der besten deutschen Schauspieler der jungen Generation zur Seite. Alle zusammen machten aus „Picco“ keinen erfreulichen, aber äußerst wichtigen Film – bei dem sich wieder einmal das Dokumentarische mit dem Fiktionalen auf bemerkenswerte Weise mischt.
Dazu ein Gespräch mit dem Regisseur Philip Koch[media id=203 width=320 height=20]