Deutschland/England/Schweden/Dänemark 2011
Regie: David Mackenzie
Mit Ewan McGregor, Eva Green, Ewen Breminger
Kinostart: 8. Dezember 2011
Unheimliches geschieht: eine seltsame Krankheit sucht die Menschheit heim: auf eine Phase der Traurigkeit folgt der Verlust des Geruchs-, dann des Geschmacksinns. Doch: Aber auch daran gewöhnt man sich und sucht nach der Normalität. Andere Sinne treten in den Vordergrund. Damit nicht genug: auf Zorn und ungezügelte Ausbrüche von Aggression folgt Taubheit. Schließlich versinkt die Welt in Dunkelheit.
Nach Lars von Triers „Melancholia“ präsentiert David Mackenzie mit „Perfect Sense“ den zweiten großen Film über eine Apokalypse in diesem Jahr. Bei Mackenzie führt der partielle Verlust der Sinne freilich nicht zum Exitus der Menschheit – Depression und Aggression sind hierVorboten einer Zeit der Veränderung. Im Gegensatz zu Lars von Trier besteht nicht nur Hoffnung, sondern in der Besinnung auf das Wesentliche, auf bessere Zeiten. Die Rest-Sinne sind geschärft!
„Perfect sense“ handelt auch von Liebe in Zeiten der Finsternis: in der Beziehung zwischen Michael (Ewan McGregor) und Susan (Eva Green) spiegelt sich die Veränderung im Zwischenmenschlichen durch die Epidemie. Susan ist damit als Forscherin wissenschaftlich befasst, Michael als Gourmet-Koch ebenfalls beruflich. In seinem Feinschmecker-Restaurant kommt es jetzt ausschließlich auf die Optik der angebotenen Gerichte an, nach dem die Gäste nicht mehr riechen und schmecken können.
Die Epidemie betrifft auch Michael und Susan. Souverän spiegelt David Mackenzie die globale Veränderung der menschlichen Sinne in der „privaten“ Beziehung seiner Protagonisten. Natürlich setzt er dabei auf die genreimmanente Beklommenheit. Löst sie aber in Form und Inhalt virtuos immer wieder auf. Melancholie ist nicht der Untergang der Menschheit, sondern ihre Chance!
Der Verlust des Wesentlichen – Liebe, Menschlichkeit und Nähe – haben die Menschen für die Epidemie anfällig gemacht. Michael hält zum Anfang von „Perfect sense“ beispielsweise allzu große Nähe nicht aus. Deshalb bittet er seine Bekanntschaft nach dem Beischlaf sein Bett zu verlassen. Es gehe in seinem Film darum, wie die Menschen mit der schrecklichen Veränderung fertig werden, aber nicht um die Katastrophe als solche, sagt der Regisseur.
Damit ist er seinem Thema treu geblieben, um das es in allen seinen fünf Filmen geht, die er seit 2002 gedreht hat. Die bekanntesten sind „Young Adam“ (2003) und „Hallam Foe“ (2007), in denen Ewan McGregor ebenfalls die Hauptrolle spielt; Hallam Foe lieferte auch zu „Perfect sense“ die literarische Vorlage.
Wenn man so will hat David Mackenzie mit „Perfect sense“ ganz tief im Innern eine Weihnachtsgeschichte gedreht: zwar fällt die Menschheit der Dunkelheit anheim, aber der „Glanz von Innen“ bei jedem Einzelnen lässt ihn trotzdem weiter leben! Wenn das keine „Frohe Botschaft“ ist!
Deshalb: vom Weihnachtsmarkt direkt ins Kino zu „Perfect sense“. Wie erholsam! Das schärft die Sinne nach den viel zu vielen gebrannten Mandeln…und all den drolligen Räuchermännchen!