Lange Zeit war es still um die „Beat Generation“, die die amerikanische Literatur der frühen 1950er Jahre maßgeblich repräsentierte. Eine Literatur, die sich wie ihre Autoren, den Konventionen verweigerte und damit zu neuen Ufern aufbrach. Dann aber als Teil der modernen Literaturgeschichte abgelegt wurden. In den letzten Jahren haben Filme über die „Beatniks“ Allen Ginsberg („Howl“, Rob Epstein/Jeffrey Friedmann, 2010) und William S. Burroughs („William S. Burroughs: The Man within“, Yoni Leyser, 2010) eine Renaissance der „Beat Generation“ eingeleitet. Vor zwei Jahren ist im vergangenen Jahr das Hauptwerk dieser literarischen Strömung „On the road“ von Jack Kerouac in einer integralen Übersetzung erschienen. Bei den Filmfestspielen von Cannes 2012 hat die Verfilmung des autobiographisch gefärbten Romans „On the road“ von Jack Kerouac Premiere. Regie führte der Brasilianer Walter Salles.
Mit „brennender Leidenschaft“ will Sal Paradise (Sam Riley) – Jack Kerouacs alter Ego in „On the road“ – zu sich selbst finden. Aller Ballast soll über Bord geworfen werden; der Aufbruch zu neuen Ufern nicht theoretisch stattfinden, sondern ganz praktisch: auf und davon – kreuz und quer durch die USA. Vorzugsweise mit gestohlenen Autos. Dabei werden die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht – von Drogen bis zum Dreier im Bett. Mit von der Partie sind Dean Moriaty (Garrett Hedlund) und dessen 15jährige Frau Marylou (Kirsten Stewart).
Hinter Dean verbirgt sich Kerouacs Dichterfreund Neil Cassady: die beiden stehen zueinander wie Tom Sawyer zu Huckleberry. Wo Sal Skrupel hat, greift Dean zu – beim Klau im Supermarkt oder bei einer schnellen Nummer mit einem schwulen Intellektuellen für ein paar Dollar.
Der Roman „On the road“ ist zum ersten Mal 1957 erschienen und bildet zusammen mit Ginsbergs Gedichtzyklus „Howl“ und „Naked Lunch“ von William S. Burroughs“ das literarische Dreigestirn der Beat Generation. Nachdem sowohl „Naked Lunch“ und „Howl“ bereits die Ehre der Verfilmung hatten, kam jetzt also auch „On the road“ an die Reihe:
Walter Salles ist durch Filme wie „Cental Station“ und vor allem „The Motorcycle Diaries“ über den jungen Che Guevara bekannt ge-worden. Daran wollte er mit seiner „On the Road-Adaption“ an-knüpfen. Er sagte bei sein Pressekonferenz in Cannes:
„Ebenso wie bei dem Guevara-Film geht es mir hier um das politische und soziale Aufwachen einer Generation: zwei junge Männer entwickeln durch das physische Erleben einer Reise ein neues Be-wußtsein und eine neue Freiheit, im kreativen wie persönlichen Sinn. Sie wagen Grenzüberschreitungen im konservativen Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg…“
Es ist nicht zu übersehen, dass sich Walter Salles mit „On the Road“ größte Mühe gegeben hat, der literarischen Bedeutung und dem Autor Jack Kerouac gerecht zu werden. Mit dieser Absicht hat er sich allerdings keinen Gefallen getan. Im Gegensatz zu David Cronenberg bei „Naked Lunch“, erzählt er in seinem Film „On the Road“ artig die Stationen des Romans nach; hat vor lauter Ehrfurcht nicht gewagt, dabei eine eigene filmische Handschrift zu entwickeln und sich so von Kerouac zu emanzipieren. Das Ergebnis auf der Leinwand ist in etwa so spannend, wie die Nacherzählung des Inhalts von „On the road“ auf Wikipedia. Schade.
Aber Mut im filmischen Umgang mit einem Klassiker der Literaturgeschichte ist halt nicht jedermanns Sache: Zum Schluss noch was Positives: wen die 600 Seiten des Romans bisher von der Lektüre abgeschreckt haben, der kann in nur zwei Stunden Film erfahren, um was es in „On the road“ geht…