Chile/Frankreich/Deutschland 2010
Regie: Patricio Guzmán
Kinostart: 23. Dezember 2010
Das Zentrum der modernen Astronomie befindet sich in einer Wüste im Norden Chiles: Hier stehen die gegenwärtig größten und leistungs-fähigsten Observatorien der Erde. Nirgendwo anders ist die Luft klarer und die Sicht besser. Das wussten bereits die Ureinwohner des Landes. In der jüngeren Vergangenheit war die Atacama Wüste allerdings nicht nur für Wissenschaftler von Interesse, sondern auch für die Schergen des Pinochet-Regimes in den 1970er und 1980er Jahren. In dem unübersichtlichen Gelände ließen sie ihre Gegner „verschwinden“. Dem Mythos und der Wirklichkeit in der Atacama Wüste ist der chilenische Filmemacher Patricio Guzmán in seinem essayistischen Dokumentarfilm „Nostalgia de la luz“ auf der Spur, der in diesem Jahr mit dem „Europäischen Filmpreis“ ausgezeichnet wurde.
Nirgends auf der Erde ist man dem Himmel näher als in der Atacama Wüste im Norden Chiles. Deshalb stehen hier die sechs größten Observatorien. Die einzigartig klare Atmosphäre ermöglicht die Erforschung fernster Galaxien. Wissenschaftler sind dabei, die Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln: soder junge Astronom Gaspar hat die Liebe zu den Sternen von seinem Grossvater gelernt. Er ist bisher unbekannter Galaxien auf der Spur. Obwohl ihre Sterne längst erloschen sind, wird ihr Licht erst jetzt von den Elekronen-Teleskopen in Atacama wahrgenommen. Zeit und Ewigkeit, Werden und Vergehen bekommen durch diese Beobach-tungen eine neue Bedeutung.
Auch Lautaro, ein erfahrener Archäologe, erforscht die Atacama-Wüste. Für die chilenischen Ureinwohner war sie ein heiliger, magischer Ort. Davon zeugen präkolumbianische Zeichnungen an den Felsen und in Höhlen. Dass die Wüste auch als Friedhof diente, belegen zahlreiche Mumienfunde.
Nicht aus wissenschaftlichem Forscherdrang, sondern persönlichen Gründen kommen Victoria und andere chilenische Frauen immer wieder in Atacama Wüste: 1973 ließ hier der Diktator Augusto Pinochet in Sichtweite der Observatorien, Regimegegner ermorden und verscharren. Seit über 20 Jahren suchen Frauen wie Victoria mit Hilfe von Archäologen nach den sterblichen Überresten ihrer Angehörigen. Erst dann können sie um sie trauern…
Der Astronom, der Archäologe und die Frauen verbindet in Patricio Guzmáns filmischem Essay „Nostalgia de la luz“ die Beschäftigung mit der Vergangenheit, um die Gegenwart und Zukunft besser zu verstehen: „Weil wir nicht wissen, was morgen sein wird, kann uns nur die Vergangenheit erleuchten“, sagt der Regisseur in einem Interview. Und weiter:
„Die Erinnerung erhält uns am Leben, ähnlich wie die Wärme der Sonne. Ohne die Erinnerung wären wir Menschen nichts als tote Hüllen, ohne Geschichte und ohne Zukunft. Nach 18 Jahren Diktatur übt sich Chile wieder in Demokratie. Doch um welchen Preis? Viele haben ihre Freunde verloren, ihre Verwandten, Häuser, Schulen und Universitäten. Andere haben ihre Erinnerung verloren, vielleicht für immer.“
An diese Überlegungen knüpft Guzmán (Jahrgang 1941) mit seinem Film unmittelbar an. Natürlich spielt dabei für ihn, den Chilenen, die Aufarbeitung der Verbrechen des Pinochet-Regime eine zentrale Rolle. Die großartige Leistung Patricio Guzmáns bei „Nostalgia de la luz“ besteht darin, dass er das nationale Trauma einer in einen universellen Kontext gestellt hat. In einem Film, wie geschaffen für die nachdenklichen Tage zwischen den Jahren!