Iran 2011
Regie: Asghar Farhadi
Mit Leila Hatami,Peymab Moadi,Shahab Hosseini
Kinostart: 14. Juli 2011
Es kommt selten vor, dass die Auszeichnung eines Films der Berlinale mit dem „Goldenen Bären“ auf derart breite Zustimmung stößt, wie in diesem Jahr der Iranische Wettbewerbsbeitrag „Nader und Simin – Eine Trennung“. Begeisterung auf allen Rängen für den Ausnahmefilm von Asghar Farhadi. Jetzt startet er in den deutschen Kinos.
Ein Ehepaar vor dem Scheidungsrichter: Die Frau, Simin, will die Trennung und mit ihrer 11jährigen Tochter den Iran verlassen. Sie hat die Verhältnisse im Land, aber auch in der Familie satt. Dabei spielt die Versorgung des dementen Schwiegervaters eine ent-scheidende Rolle. Genau das ist für ihren Gatten Nader der Grund zu bleiben.
Die Scheidung wird abgelehnt, Simin packt ihre Koffer und zieht zu ihren Eltern. Die Tochter bleibt bei ihrem Vater. Der ist beruflich ziemlich eingespannt und nicht in der Lage, seinen pflegebedürftigen Vater und das Mädchen zu versorgen. Also sieht er sich nach einer Haushaltshilfe um. Er engagiert Razieh, eine junge Frau aus armen Verhältnissen. Sie will, ohne Wissen ihres Mannes etwas dazu verdienen, um ihre Familie zu unterstützen. Dabei weiß sie nicht, auf was sie sich eingelassen hat: Es ist unvermeidlich, dass sie mit dem alten Mann, den sie versorgen soll, in körperliche Berührung kommt. Das bringt die gläubige Muslima mit ihrem Glauben in Konflikt. Also sucht sie telefonisch geistlichen Rat bei ihrem Imam. Die Antwort ist vage.
Unter dem Vorwand, die Arbeit sei ihr zu schwer, kündigt Razieh noch am Abend den Job. Bietet aber an, ihr arbeitsloser Mann könne sie vertreten. Doch daraus wird nichts. Also muss sie weitermachen. Die grenzenlos überforderte Razieh gerät mit ihrem Arbeitgeber Nader aneinander, weil sie den alten Mann vernachlässigt hat.
Ägerlich gibt Nader Razieh ein Schups, sie fällt. Daraufhin bricht in beiden Familien die mühsam aufrecht erhaltene Fassade der Konventionen in einem schwierigen gesellschaftspolitischen System zusammen. Eine Lüge zieht die nächste nach sich. Das schildert Asghar Farhadi in „Nader und Simin – Eine Trennung“.
Erstaunlich offen wird hier eine Innenansicht der iranischen Gesellschaft beschrieben. Die Konflikte zwischen Arm und Reich, Männer und Frauen, Jung und Alt. Zu seinem Menschenbild sagt der Regisseur:
„Wie in allen meinen Filmen gibt es auch hier keine Antagonisten, d. h. negative Figuren. Das heißt nicht, dass alle Figuren gut handeln. Sie tun verachtenswerte Dinge. Aber da wir die Gründe für ihr Handeln verstehen, können wir sie nicht verachten. Es gibt keine Figur, die man nicht mögen würde. Man kann sie alle verstehen“
Dieser Humanismus und seine makellose filmische Umsetzung, machen „Nader und Simin – Eine Trennung“ zu einem Ereignis erster Güte. Das mussten wohl auch die iranischen Zensoren einsehen. Obwohl Farhadi mit seinem Film durchaus an Tabus rührt, gaben sie den Film ohne Auflagen frei.
Er weist eben auch weit über die speziell iranischen Verhältnisse hinaus: Zum Beispiel in unser gesellschaftliches Mit-bzw. Gegeneinander: „Nader und Simin – Eine Trennung“ gehört zu den seltenen Filmen, die man unbedingt sehen sollte!