Kanada 2011
Regie: Philippe Falardeau
Mit Fellag, Sophie Nélisse, Émilien Néron
Kinostart: 12. April 2012
Von der betulich-reaktionären „Die Feuerzangenbowle“ bis zu Francois Truffauts sozial-kritischer Studie „Sie küssten und sie schlugen ihn“ reicht das Spektrum von Schulalltag auf der Leinwand. Wer dachte, zu diesem Thema sei alles erzählt worden, wird von dem kanadischen Film „Monsieur Lazhar“ eines Besseren belehrt. Nachdem er bereits auf diversen Festivals gefeiert wurde, kommt der Film jetzt auch in die heimischen Kinos.
Ausgerechnet in ihrem Klassenzimmer hat sich eine überforderte Lehrerin erhängt. Danach ist in der Grundschule in einem Außenbezirk von Québéc nichts mehr so, wie es einmal war. Die Kinder sind verstört, das Kollegium tut sich mit der Aufarbeitung der Tragödie schwer. Da bekommt Schulleiterin Claire (Brigitte Poupart) unangemeldeten Besuch. Bachir Lahzar empfiehlt sich als neuer Lehrer für die frei gewordene Stelle…
Der sympathische Emigrant Lazhar (Fellag) wird eingestellt – unter Umgehung der üblichen Regularien. Clair und ihre Kollegen freuen sich, dass ihnen jemand die schwierige Klasse der Verstorbenen abnimmt.
Lazhar findet problemlos Kontakt zu den Kindern. Schwieriger wird es, als der neue Lehrer aus dem fernen Algerien seiner Grundschul-klasse einen Text Balzacs als Diktat zumutet.Als Lazhar daraufhin Selbstkritik übt, versöhnt ihn das mit der Klasse. Auch im Kollegium wird er inzwischen hoch geschätzt. Seine ruhige, stets freundliche Art und seine pädagogische Kompetenz tragen dazu bei, dass die traumatische Erfahrung langsam in den Hintergrund rückt – zumindest bei den Erwachsenen. Der Suizid ihrer Lehrerin ist trotz wöchentlichem Besuch einer Psychologin von den Kindern längst nicht verarbeitet worden. Das zeigt sich, als Lazhar das Aufsatzthema „Schule und Gewalt“ stellt: die Schülerin Alice formuliert ihre Betroffenheit angesichts des brutalen Suizids der Lehrerin in der Schule.
Als Lazhar den Text zwecks Trauerarbeit vervielfältigen und in der Schule verteilen will, löst das bei der Schulleitung und den Eltern-vertretern Entrüstung aus. Er überfordere die Kinder heißt es. Ein besonders eifriger Vater forscht in Lazhars Vorleben und macht eine Entdeckung, die die Karriere des vermeintlichen Lehrers schlagartig beendet.
Bei „Monsieur Lazhar“ erwartet den Zuschauer ein poetisches Meisterwerk, dass das ehrwürdige Genre des Lehrer-Schule-Pauker-Films eine neue Dimension eröffnet. Philippe Falardeau kombinierte es mit der Asylproblematik. Am Beispiel des algerischen Emigranten Lazhar zeigt der Film ohne viel Aufheben, wie ein neuer Blickwinkel eine verfahrene Situation retten kann. „Monsieur Lazhar“ ist eines der schönsten Plädoyers für eine multikulturelle Gesellschaft seit Langem…