Deutschland 2013
Regie: Michael Trabitzsch
Kinostart: 6. Juni 2013
Max Beckmann (1884-1950) gehört zu den wichtigsten Malern des 20. Jahrhunderts. In Stil und Ausdruck so epochal wie Picasso oder Chagall. Dabei reflektierte Beckmann mehr als viele seiner Zeitgenossen die Zeit in der er lebte. Bereits zu Lebzeiten wurden seine Bilder von internationalen Galerien und wichtigen Sammlern gekauft. Abgesehen von den National-sozialisten – die seine Arbeiten als „entartete Kunst“ diffamierten – bestand an der Bedeutung Max Beckmanns nie ein Zweifel. Heute erzielen seine Bilder im Kunsthandel Höchstpreise. Zeitlebens erlebte sich Max Beckmann als Künstler im Aufbruch. Begriff dieses Leben als permanente Herausforderung an seine Kreativität. Er sagte einmal: „Die Freiheit ist das, worauf es ankommt. Sie ist die Abfahrt, der neue Beginn!“ „Max Beckmann – Departure “ hat Michael Trabitzsch seinen Film über Leben und Werk des Künstlers genannt, der jetzt auch in den deutschen Kinos zu sehen ist.
Für den Sohn eines Leipziger Getreidehändlers steht von Anfang an fest, dass er Maler und nichts Anderes wird. Mit 15 – 1899 – macht Max Beckmann mit einem Selbstbildnis zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Von Anfang an ist die eigene Wahrnehmung und die Darstellung im Selbstbildnis sein zentrales Thema. Visionär erlebt Beckmann das 20. Jahrhundert als Zeitalter der Um-und Aufbrüche, aber auch der Katastrophen. Deshalb zerstört er 1905 die meisten seiner bisher entstandenen Bilder und lässt damit seine Vorbilder – vor allem van Gogh, Cezanne und Munch – hinter sich. Beckmann reflektiert darüber in einer seiner frühen literarischen Texte:
„Die Personen in dem Boot sind frei. Und weil sie frei sind, haben sie etwas Königliches und Göttliches. Der König und die Königin haben sich befreit, befreit von den Martern des Lebens – sie haben sie überwunden. Die Königin trägt den größten Schatz – die Freiheit – als ihr Kind auf dem Schoß. Die Freiheit ist das, worauf es ankommt: sie ist die Abfahrt, der neue Beginn“
Diesen zentralen Text zu Max Beckmanns Selbstverständnis als Künstler hat Michael Trabitzsch als Ausgangspunkt für seinen Dokumentarfilm „Max Beckmann – Departure“ genommen. Er folgt der radikalen Subjektivität des Malers durch dessen Biographie. Obwohl Max Beckmann im Gegensatz zu vielen seinen Künstlerkollegen 1914 den Ersten Weltkrieg als Einbruch einer Katastrophe betrachtet, meldet er sich freiwillig, um sich ihr persönlich zu stellen. Das hält Beckmann ein Jahr lang aus, dann bricht er zusammen. Über die Auswirkung dieser Erfahrung auf das Werk des Künstlers sagt der Direktor des Wilhelm-Hack-Museums Ludwigshafen und Beckmann-Kenner Reinhard Spieler:
„…Er muss erkennen, dass das so grauenvoll ist, das rt das eben nicht verarbeiten kann und das Leben letztlich eben doch stärker ist als die Kunst. Er muss für sich selbst konstatieren, dass er das Leben nicht als Inspiration für die Kunst missbrauchen kann. Er erkennt, dass er diesem Wahnsinn nicht gewachsen ist!“
Inzwischen weltberühmt, wird sich diese Erfahrung nach 1933 für Max Beckmann wiederholen. Ihm wird von den Nationalsozialisten sein Lehrauftrag an der Frankfurter Städel-Schule entzogen, seine Bilder in die Depots der Museen verbannt. In der berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“ ist Beckmann 1937 mit 12 Bildern vertreten.
Die persönliche, aber auch die grundsätzliche Bedrohung der Kunst durch das NS-Regime bringt Max Beckmann in seinem Triptychon „Departure/Abschied“ zum Ausdruck und emigriert nach Amsterdam. Er notiert:
„Ich bin oft, sehr oft allein. Das Atelier in Amsterdam, ein großer alter Tabak-speicher, füllt sich dann aufs Neue mit Figure aus alter und neuer Zeit, und immer spielt das Meer von nah und weit durch Sturm und Sonne in meine Gedanken“.
Michael Trabitzsch hat bereits mit Filmen über Wieland Förster und Ernst Ludwig Kirchner bewiesen, dass er sich auf das schwierige Genre des Kunst-Feuilleton für das Kino versteht. In dieser Tradition steht auch „Max Beckmann – Departure“.
Der Regisseur begnügt sich nicht damit, die Lebensstationen und die wichtigsten Arbeiten der Reihe nach einfach abzuhaken. Elegant stellt Trabitzsch die Beckmann“schen Bilder – die auch auf der Kinoleinwand nichts von ihrer Wucht einbüßen – in einen Zusammenhang mit der Zeit der Entstehung und dem Leben des Künstlers; kombiniert die aus dem Off gesprochenen Zitate mit den Experten-Interviews, ohne dass daraus ein dröges Lehrstück für den Kunstunterricht wurde. Kurz: bei „Max Beckmann – Departure“ erwartet den Zuschauer das spannende Portrait einer großen Künstlerpersönlichkeit.