Trotz gelegentlich unfreundlicher Kritiken gehört Doris Dörrie zu den beständigsten Persönlichkeiten deutschen Film-und Literaturbetriebs. Bekannt wurde sie 1985 mit der Komödie „Männer“. Einem Überraschungserfolg mit über fünf Millionen Kino- Besuchern. Inzwischen hat die Regisseurin auch Opern inszeniert und sich als Autorin elegant geschriebener Zeitgeistbücher einen Namen gemacht. In diesem Frühjahr präsentierte sie „Glück“, die Verfilmung einer Kurzgeschichte von Ferdinand von Schirach, aus dem Erzählband „Verbrechen“. Sowohl „Glück“ als auch „Männer“ sind gerade auf DVD erschienen.
Die Überraschung der „Hofer Filmtage“ 1984: Doris Dörrie – dem Festival seit Jahren verbunden – stellt ihren neuen Film „Männer“ vor. Eine Auftragsproduktion für das ZDF. An eine Kinoauswertung ist nicht gedacht. Das wird sich ändern, nach dem der Film stürmisch als Auftakt zu einer neuen deutschen Kino-Ära gefeiert wird. Verleiher stehen Schlange, um die Komödie über männliche Eitelkeiten ins Kino zu bringen. Auch das ZDF spielt mit und verzichtet vorerst auf eine Ausstrahlung. „Männer“ wird der Hit der Saison, eine der kommerziell erfolgreichsten deutschen Produktionen seit Langem und Auftakt zu neudeutscher Heiterkeit im Kino. Eine Welle mehr oder weniger lustiger Filme ist die Folge.
Julius Armbrust (Heiner Lauterbach) ist ein in jeder Beziehung erfolgreicher Mann in den besten Jahren – in seinem Job als Manager einer Verpackungsfirma ebenso wie bei den Frauen. Kleinen Seitensprüngen nicht abgeneigt, legt er zu Hause mit Frau und Kindern Wert auf Harmonie. Deshalb freut sich Julius auf eine Zeit entspannter Zweisamkeit, nach dem die beiden Kinder in ein Ferienlager aufgebrochen sind. Ausgerechnet an Gattin Paulas Geburtstag entdeckt Julius einen Knutschfleck an ihrem Hals:
Empört und tief verletzt in seiner Macho-Seele packt Julius seine Koffer und zieht aus. Zunächst beobachtet er den Lover seiner Frau nur aus der Distanz. Der heißt Stefan und ist ein weitgehend brot-loser Künstler, der nebenher in einer Pizzeria jobbt. Der Zufall will es, dass in Stefans WG ein Zimmer frei geworden ist. Eine Gelegenheit für Julius seinem Nebenbuhler näher zu kommen.
Mit allen Finessen seiner Manager-Erfahrung gelingt es Julius, aus dem Alternativen Stefan einen Yuppie zu machen, um ihn so seiner Frau zu entfremden. Allerdings mit fatalen Folgen für ihn selbst. Zwischendurch kann er zwar seine Frau zurück gewinnen, indem er ein Tet-a-tet zwischen ihr und Stefan empfindlich stört, aber jetzt rückt ihm der Konkurrent auf die Pelle und das ist bitter!
Nachdem der Film “Männer“ jahrelang nicht mehr zu sehen war, gibt es ihn jetzt von Highlight auf DVD. Die letzten knapp 30 Jahre sind nicht spurlos an dem Film vorbei gegangen. Es fällt die für heutige Verhältnisse ungewohnte Langsamkeit auf. Ebenso eine gewisse Behäbigkeit bis die Geschichte auf den Punkt kommt. Nach wie vor überzeugt der Wortwitz der Dialoge, der lästerliche Blick von Doris Dörrie auf die Schwächen des angeblich „starken“ Geschlechts. Dazu kommt die Spielfreude, mit der Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht, die beiden Hauptrollen ausfüllen. Die Rollen in „Männer“ haben sie bekannt gemacht und ihre Karriere angeschoben.
Die DVD mit „Männer“ ist vom Original-Negativ digital remastered worden. Ist damit technisch auf dem Stand der Premieren-Kopie. Damit hat es sich dann auch, was diese Edition auszeichnet. Obwohl es zur Rezeptionsgeschichte dieses Schlüsselwerks im westdeutschen Film der 1980er Jahre und die weitere Entwicklung der Regisseurin Doris Dörrie viel zu sagen gibt, beschränken sich die Extras auf ein paar dürftige Infos zu den Darstellern…
Neben persönlichen Schicksalsschlägen, wie der Tod ihres Mannes und ständigen Kameraoperateurs Helge Weindler 1996 bei den Dreharbeiten zu dem Film „Bin ich schön?“, wechseln sich die Höhen und Tiefen auch in der Karriere Doris Dörries ab. Nach dem großen Erfolg ihres Films „Kirschblüten – Hanami“ und der TV-Serie „Klimawechsel“ waren die Reaktionen von Kritik und Publikum auf ihren bisher letzten Film „Glück“ verhalten. Obwohl erst im Frühjahr im Kino, gibt es ihn bereits jetzt auf DVD – ebenfalls von Highlight.
Der Film „Glück“ beginnt mit einem Unglück: der Hund des obdachlosen Punkers Kalle wird überfahren. Bei dieser Gelegenheit lernt er Irina kennen. Sie stammt aus Bosnien und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Prostituierte. Zwei Seelenverwandte haben sich getroffen:
Es ist dann Irina, die im Alltag mit Kalle nichts unversucht lässt, um nicht nur auf der Schaukel sondern auch im Leben eine Art „Wuppdich“, den Moment des Glücks, herzustellen. Sie besorgt ihm einen Job als Prospekt-Verteiler, mit dem er aber dann nicht zurecht kommt.
Mit Beharrlichkeit und Liebe gelingt es Irina Kalle von Straße zu holen. Aber bis die beiden wirklich glücklich sein können, müssen sie erst noch eine Katastrophe gemeinsam durchstehen: „Jetzt müssen wir etwas anderes machen“, sagte Kalle. Irina nickte und dachte, was für ein Glück sie doch hatten.“
Der lakonische Schluss der Erzählung „Glück“ von Ferdinand von Schirach in seinem Bestseller „Verbrechen“. Aus den etwas mehr als zehn Seiten hat Doris Dörrie einen 100-Minuten Film gemacht. Wie sie die Leerstellen und knapp formulierten Zustandsbeschreibungen filmisch ausfüllte, zeugt von großer Meisterschaft und macht ihren Film „Glück“ zum Ereignis, das der literarischen Vorlage ebenbürtig ist. Dabei hat sie auch die krassen Momente nicht außen vor gelassen, die für die Geschichte von zentraler Bedeutung sind: Ein Kunde Irinas stirbt bei ihren Dienstleistungen. Der in Panik geratene Kalle greift zum elektrischen Küchenmesser und zerstückelt die Leiche… Aber das Schicksal und die Justiz hat ein Einsehen…
Dörries Film heißt nicht nur „Glück“, sondern ist einer der schönsten Filme zu diesem Thema. Nicht zuletzt deshalb, weil es dabei auch um Unglück geht.
Ein knappes Interview mit der Regisseurin gehört zum immerhin 30minütigen Bonusteil der DVD „Glück“ ebenso wie ein Making-Of und das Video mit dem von Dörrie selbst getexteten Titelsong „Me & You“. Preis der DVD 15 Euro; „Männer“ kostet 10 Euro. Auf Blu-ray 20 bzw. 14 Euro.