Deutschland/Österreich 2010
Regie: Percy & Felix Adlon
Mit: Johannes Silberschneider, Karl Markovics, Barbara Romaner, Eva Mattes, Lena Stolze
Kinostart: 7. Juli 2010 (Kinowelt)
Gustav Mahler (Johannes Silberschneider) ist im Sommer 1910 weit gereist, um sich im niederländischen Leiden zu erholen. Weder das Komponieren noch die Ehe mit Gattin Alma (Barbara Romaner) machen ihm derzeit rechte Freude. Er ist halt in die Jahre gekommen und nicht mehr so fit wie einst. Außerdem hat Alma eine jüngere Liebschaft. Das es sich dabei um den berühmten Architekten Walter Gropius handelt ist kein Trost, sondern nagt an Gustavs Selbstverständnis. Mit seiner 10. Sinfonie will es auch nicht recht voran gehen.
In weiser Selbsterkenntnis sieht Gustav ein, dass er professionelle Hilfe braucht, um der Krise Herr zu werden. Da trifft es sich günstig, dass zur selben Zeit auch Sigmund Freud (Karl Markovics), der aufstrebende Psychoanalytiker, in Leiden weilt. Obwohl er angeblich noch keinen Ton von seinem berühmten Landsmann gehört hat, bittet er ihn zwecks Therapie auf die Couch.
Einem On-dit zufolge soll die Begegnung Freud/Mahler tatsächlich statt gefunden haben. Genaues weiß man aber nicht. Percy Adlon – zum ersten mal mit Unterstützung von Sohn Felix – konnte also der Phantasie freien Lauf lassen. Eine reizvolle Aufgabe. Da macht es dann auch nichts aus, dass es sich bei der im Titel versprochenen Couch um ein Feldbett handelt. Das „Adagietto“ aus Mahlers 5. Sinfonie kommt bei Adlon &Adlon vergleichsweise selten vor, was zu befürchten war. Dafür die 8. und 10. umso häufiger. Es gibt in diesem Film kaum einen Moment, in dem die Geigen nicht ahnungsvoll – vom Schwedischen Radio-Sinfonieorchester unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen – gestrichen würden und wir nicht ein Mahler’sches Potpourri serviert bekämen.
Geht es anfangs mit leichter Ironie auf den Pfad der verschachtelten Handlung, kommen wir mit der Zeit erdenschwer dem „Lied der Erde“, d. h. der Erstarrung in Ehrfurcht näher. Etwa wenn der pure Frust Alma von der Seite des Egomanen Gustav in die Arme von Walter Grobius (Friedrich Mücke) treibt, nachdem sie vorher Gustav Klimt (Manuel Witting) Mahlers wegen den Laufpass gegeben hat. Immerhin den Ausblick auf Franz Werfel ersparen uns die Filmemacher. Auch ohne erinnert der Film an elendslangweiliges Bildungsfernsehen mit Mahler-Endlosschleife auf der Tonebene. Selbst für den Verehrer von Mahlers Kunst ein Martyrium…
Dazwischen durchaus gelungene Momente; an der Qualität der Schauspieler gibt es ohnehin nichts auszusetzen. Wäre da nicht dieser fatale Hang der Herren Adlon zum Kunstgewerbe. Das wirkt wie der Teppichläufer mit Klimts „Kuss“, den man beim Ärzteblatt fürs Wartezimmer bestellen kann. Ganz davon abgesehen, sollte es einem Filmemacher die Selbstachtung verbieten, nach Visconti und dem „Tod in Venedig“ noch einmal Mahler’sche Musik als Soundtrack zu verwenden. Es sei denn, man hat dafür eine wirklich neue Idee.
Davon kann hier nicht die Rede sein. Bei „Mahler auf der Couch“ haben wir es mit einem dieser ambitionierten Lichtspiele zu tun, bei dem die Macher irgendwann nicht mehr wissen, wohin mit der Ambition und ratlos daneben stehen bleiben.