Deutschland 2010
Regie: Ayse Polat
Mit René Vaziri, Aylin Tezel, Kida Khodr Ramadan, Sumuru Yavrucuk, Sinan Bengier
Kinostart: 28. Juni 2012
Von „Evet, ich will“ bis „Almanya – Willkommen in Deutschland“ finden deutsch-türkische Komödien in der Bundesrepublik ein dankbares Publikum. Im Fernsehen und neuerdings auf der Leinwand erfreut „Türkisch für Anfänger“ Ein gutes Zeichen für den fortschreitenden Prozess der Integration. Wobei im Mittelpunkt dieser Filme immer ein ernster Kern steckt: die Frage nach den kulturellen Wurzeln, die Frage nach Heimat, das Leben zwischen Welten. Damit beschäftigt sich auch Ayse Polat (in der Türkei geboren, in der Bundesrepublik aufgewachsen) in ihrem neuen Film „Luks Glück“. Eher „Türkisch für Fortgeschrittene“!
Die Karazars können das Glück kaum fassen: sie haben eine beträchtliche Summe im Lotto gewonnen! Die Familie lebt in Hamburg bestens integriert. Die Söhne sind erwachsen und gehen ihre eigenen Wege – sprechen inzwischen besser Deutsch als türkisch. Doch jetzt angesichts der Lotto-Million kommt bei Papa Karazar (Sinan Bengier) der alte türkische Patriarch wieder zum Vorschein. Er erwartet, dass die Gesamtfamilie in die Türkei zieht und mit dem Lotto-Gewinn ein Hotel eröffnen… Der Rest der Familie hat andere Pläne…
Man trennt sich im Streit! Vor allem der jüngere Sohn der Familie, Luk (René Vaziri) ist im Zwiespalt, ob er brav dem väterlichen Wunsch nach einem Hotel in Kappadokien oder doch lieber der persönlichen Neigung zum Musiker nachgeben soll.
Um die Lage auf dem Türkischen Hotel-Immobilien-Sektor zunächst einmal im Grundsatz zu erkunden, reist Luk mit seinen Eltern in deren einstige Heimat. Da lebt die ausgedehnte Verwandtschaft – in der es natürlich Spezialisten für jede Lebenslage gibt: einen Makler ebenso wie einen Plattenproduzenten. Luk ist das Ganze trotzdem nicht geheuer…
Tatsächlich täuscht die bizarre Tuffstein-Landschaft Kappadokiens: weder die Hotelpläne noch Luks Ambitionen mit türkischem EthnoHipHopMix: Die Regisseurin Ayse Polat geht aus autobiografischer Erfahrung in „Luks Glück“ gnadenlos mit dem angeblichen Ideal einer türkischen Heimat um…
Immerhin führen Lotto-Gewinn und Türkei-Trip für alle Beteiligten zu einer heilsamen Katharsis: die Verhältnisse haben sich geklärt: nicht in Kappadokien, sondern in Hamburg sind sie wirklich zu Hause. Die Türkei ist eben doch weit weg – in jeder Beziehung und alles andere, als das „gelobte Land“. „Luks Glück“ ist ein Film, der hinter der Fassade einer Culture-Clush-Familienkomödie voller sarkastischer Widerhaken steckt. Das irritiert und führt den Titel ad absurdum: Luk wird sein Glück möglicherweise da finden, wo er es nicht vermutet hat. Ganz sicher kann er sich aber nicht sein… Wer sich im Kino gerne überraschen lässt, wird bei „Luks Glück“ bestens bedient. Wer eine entspannte Komödie im Stil von „Almanya – Willkommen in Deutschland“ erwartet dagegen bitter enttäuscht…