Zum Abschluß des diesjährigen „Festival des deutschen Films“ ist gestern Abend Ulrich Köhler mit dem „Filmkunstpreis 2011“ ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit mit 50 000 Euro dotiert. In der Begründung der Jury (ihr gehörten Frieder Schleich und Esther Zimmering an) heißt es:
„Eine Familie in der Fremde, ein engagierter Entwicklungshelfer in der Identitätskrise in West-Afrika, wie soll daraus ein Film werden, wie soll daraus Kino werden? Die Produzenten und Redakteure des Films haben dem Regisseur und Autor Ulrich Köhler vertraut, ihm die Freiheit gelassen, Fragen aufzuwerfen, anstatt einfache Antworten zu geben. Der Regisseur versteht es mit jeder Einstellung, tiefer in eine fremde Welt einzutauchen. Seine Hauptfigur Ebbo verliert den Boden unter den Füßen und scheitert an sich selbst. Vor dem Hintergrund westlicher Entwicklungshilfe zeigt der Film ein Afrikabild, das uns bewusst macht, wie wenig sich unsere Denkweise und unser Handeln in die Dritte Welt übertragen lässt.
Durch Räume, Landschaften, Geräusche, lange Beobachtungen an Originalschauplätzen in Kamerun, durch das reduzierte Spiel seiner Darsteller und insbesondere auch durch Dunkelheit, entfaltet der Film eine ungeheure Magie, wie sie nur dem Kino eigen ist. Man kommt den Figuren sehr nahe, man riecht den Geruch der Fremde.
Schlafkrankheit ist Weltkino, wie es in Deutschland nur selten produziert wird. Dieser Film wird bleiben und wird sein Publikum bereichern – auch das Publikum, das er verwirrt und irritiert – insbesondere weil er in seiner visuellen Kraft wunderschön ist!.”
Undotierte Auszeichnungen gab es für das ausgefallene Experiment „Dreileben“, die Schauspieler Heno Ferch („Spuren des Bösen“) und Sandra Hüller (Über uns das All“, „Brownian Movement“), die Regisseure Johannes Naber („Der Albaner“) und Jan Schomburg („Über uns das All“).
Das Publikum wählte „Ein Tick anders“ von Andi Rogenhagen zu seinem Favoriten. Nach „Vincent will meer“ der zweite deutsche Film in kurzer Zeit, der das „Tourette-Syndrom“ fiktional behandelt. Der Film startet demnächst in den Kinos.
Nach Angaben des Festivals kamen in diesem Jahr über 39 000 Besucher zu den Vorstellungen auf die Ludwigshafener Parkinsel. Das ist ein Zuschauerplus von 22 Prozent, worauf die Veranstalter mit Recht stolz sein können. Die Zahlen zeigen aber auch, dass es für deutsche Produktionen durchaus ein Publikum gibt. Freilich ein entsprechendes Ambiente braucht es dazu.
Beispielsweise war beim Eröffnungsfilm „Schenk mir dein Herz“ das Kinozelt mit über 1000 Zuschauern propevoll. Damit hat sich die Zahl der Besucher seit dem flauen Kinostart Anfang Mai schlagartig verdoppelt.
Auch bei den anderen Filmen des Festivals sind die Besucherzahlen jenseits des Events – sofern sie bereits im Kino gestartet sind – alles andere als rosig. Die Branche wird sich allmählich selbstkritisch fragen müssen, woran das wohl liegen mag…