Deutschland 2010
Regie: Ziska Riemann
Mit Nicolette Krebitz, Jella Haase, Sarah Horváth
Kinostart: 25. August 2011
Die Berliner Catoonistin Ziska Riemann ist zusammen mit ihrem langjährigen Partner Gerhard Seyfried Kult: Ihre Comicbände „Rascal & Lucille“ oder „Trip to Zuckland“ haben sie bekannt gemacht. Ihr Markenzeichen ist der direkte, gelegentlich böse Blick auf die Egoismen einer modernen Großstadtgesellschaft. Jetzt hat Ziska Riemann mit „Lollipop Monster“ ihren ersten Spielfilm gedreht.
Oona (Jella Haase) und Ari (Sarah Horvath) sind Mädchen aus gutem Berliner Hause und beide in der Pubertät. Während die bürgerliche Fassade einigermaßen stimmt, hängt dahinter der Haussegen schief: Die künstlerischen Erfolge von Oonas Vater als Maler sind Vergangenheit. Jetzt ist er nur noch ein labiles Nervenbündel, das von seiner Frau betrogen wird. Vergeblich versucht Oona das eisige Schweigen zwischen den Eltern aufzubrechen…
Bei Ari dreht sich zu Hause alles um den hochneurotischen Bruder, der als Hypochonder seine Eltern auf Trapp hält und damit ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich konzentriert. Obwohl äußerlich grundverschieden, begegnen sich mit Ari und Oona zwei verwandte Seelen.
Beide müssen allein zusehen, wie sie mit ihrem Leben zu Recht kommen. Erst recht nach dem Oonas Vater Selbstmord begangen hat. Da merkt Ari, dass sie von der Freundin gebraucht wird. Die beiden Mädchen gehen in Zukunft gemeinsame Wege. Doch auch das geht nicht ohne Krisen ab.
Schließlich werden Ari und Oona feststellen, dass sie gemeinsam stark sind und Abschied von den Eltern nehmen müssen. Die sind nämlich voll und ganz mit sich beschäftigt und von der Welt sowieso überfordert.
Was sich als mediokeres Commig-of-age-Melodram anlässt, entwickelt sich bei „Lollipop Monster“ zum kraftvollen Portrait einer jungen Generation, die sich von den Neurosen der Eltern befreit; mutig den Aufbruch zum Erwachsen werden wagt. Die Berliner Cartoonistin Ziska Riemann scheut bei ihrem Regie-Debut auch nicht vor drastischen Mitteln zurück, die den Zweck heiligen. Autoagressiv beschädigt die introvertierte Ari erst selbst, bis sie zum Schürhaken greift, um es ihrer Umgebung zu zeigen…
Die genau beobachteten Zwischentöne machen die außergewöhnliche Qualität von „Lollipop Monster“ aus und liefern die dramaturgische Begründung für die drastischen Momente.
Der originelle Umgang mit den Möglichkeiten der Farbe, von Hell und Dunkel verweisen beiläufig auf die Comics von Ziska Riemann und Gerhard Seyfried. Es kommt ganz selten vor, dass eine Verbindung der unterschiedlichen Stilmittel von Comic und Film derart ernsthaft und überzeugend gelingt wie bei „Lollipop Monster“. Das macht ihn zum Ereignis!
Ziska Riemann im Gespräch – nach der Uraufführung von „Lollipop Monster“ bei der Berlinale im Februar 2011 [media id=222 width=320 height=20]