Die Berlinale hat es gut: ganz neu und im Hinblick auf die Bedürfnisse und/oder der Erfordernisse eines internationalen Filmfestivals wurde der „Marlene-Dietrich-Platz“ mit Berlinale-Palast, Luxushotels etc. als Bühne für große Auftritte gebaut. Das war allerdings kein Verdienst der Filmfestspiele, sondern der politischen Großwetterlage – wie der ganze Potsdamer Platz. Jedenfalls stellte damit Berlin zumindest äußerlich Cannes mit seinem hässlichen Palais du Festival in den Schatten, das nicht umsonst „der Bunker“ genannt wird. Immerhin hat er eine imposante Treppe zum Auftritt der Stars.
In Venedig fällt im Palazzo del Cinema auf dem Lido der Putz von den Wänden – das marode Bauwerk stammt aus der Zeit Mussolinis. Ein Bauzaun signalisiert zwar seit zehn Jahren einen Neubau, aber dahinter wächst nur Gras. Das einst noble „Hotel des Bains“ nebenan wo Thomas Mann von Tatcio und dem „Tod in Venedig“ träumte wird zur Zeit in Residenzen für reiche Rentner umgebaut. Immerhin das Ambiente erinnert an Visconti und Gustav Mahler!
Und Locarno?
Da gibt es zwar die „Piazza Grande“. Aber die taugt als Open-Air-Kino nur bei schönem Wetter. Bei Regen – der am Largo Maggiore nicht selten vorkommt – geht es ins „Fevi“. Das ist die städtische Turnhalle zwischen Schnellstraße und Kleinindustrie. Hier finden auch die Vor-führungen des Internationalen Wettbewerbs um den Goldenen und die silbernen Leoparden statt. Bereits auf dem Weg dahin verfliegt der letzte Hauch von Glamour.
Seit Jahren denkt man deshalb in Locarno an den Bau eines angemessenen Festival-Palais nach. Viel mehr wird daraus wohl nicht werden: der Präsident der Filmfestspiele, Marco Solari, macht sich jedenfalls keine Hoffnungen mehr. Selbst wenn Locarno als Kleinstadt in der Lage wäre ein entsprechendes Bauwerk zu finanzieren, stünde der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Es würde nur an elf Tagen benutzt – in den Zeiten des Festivals eben. Kongresse oder Musicals wie in Berlin und Cannes finden in Locarno übers Jahr nicht statt. Dafür ist in der Region zum Beispiel Lugano zuständig. Hier finden zurzeit die Bauarbeiten für ein Kongress-zentrum europäischen Zuschnitts statt.
Angesichts des besonderen Charmes und der unvergleichlichen Atmosphäre dieses Festivals – die man momentan wieder hautnah erleben kann – fragt es sich, ob das durch Architektur noch zu toppen wäre.
Ich glaube nicht!