Trailer lügen nicht! Das zeigt sich an Bessons „Lucy“! Trash in höchster Potenz mit einer Scarlett Johannsson, die aussieht wie ihr eigener clon. Doch der Reihe nach. Außerdem soll es Leute geben, die den Film irgendwie lustig finden.
Es ist bereits eine Zeit lang her, dass Luc Besson als innovativer Wunderknabe des Französischen Films galt. Sein Taucherfilm „Le grand bleu“ hat ihn bekannt gemacht. Inzwischen ist er Herr über ein eigenes Produktionsimperium in der Nähe von Paris und versorgt die Multiplexe dieser Welt mit leichter Ware von der Stange. Vor allem als Produzent, die Mühen der Regie unterwirft sich Luc Besson seltener.
Jetzt hat er mit „Lucy“ eine Ausnahme von der Regel gemacht. Nachdem der Science Fiction-Film in Übersee bereits Kasse gemacht haben soll, eröffnete er gestern Abend Open Air auf der Piazza Grande das diesjährige Filmfestival von Locarno.
Es gibt Filme, die Nerven von der ersten Sekunde und man kann sicher sein, dass das bis zur letzten so bleibt. Luc Bessons jüngstes Werk gehört dazu. Obwohl mit 89 Minuten relativ überschaubar, fällt es doch schwer, den Inhalt einigermaßen plausibel zu referieren: Da ist eine junge Frau, die offensichtlich Zoff mit ihrem Freund hat.
Der will partout, dass sie an einer Hotelrezeption einen Handkoffer abgibt. Als sie weiter zickt, kettet er ihr das Ding mit Handschellen an. Wie Frauen so sind, gibt Lucy – so heißt sie – nach. Kurz darauf ist der Freund eine Leiche und sie in Händen der Korea-Mafia. Die transplantieren ihr so mir-nichts-dir-nichts Päckchen mit einer speziell für Schulkinder entwickelten Droge in den Unterleib…
Das „Spezielle“ an der neuen Designer-Droge ist, dass die Schlau macht. Weil zu viel Schlauheit – wie uns die Geschichte lehrt – ungesund sein kann, wird „Lucy“ im weiteren Verlauf des Films auch nicht glücklich. Dummerweise wird die frisch Operierte nämlich gefoltert und dabei platzt ein Tütchen des Implantats. Lucy eröffnen sich neue Horizonte…
Wie alle Drogen haben auch diese Nebenwirkungen. Nicht nur Übelkeit und Krampfanfälle, sondern partielle Hemmungslosigkeit. Das hängt wiederum mit einer gesteigerten Auslastung des Gehirns zusammen. Ein schlauer Professor (Morgan Freeman) hält dazu schlaue Vorlesungen. Die Menschen nutzen nur wenigen von ihrem Intelligenz-Potential… Wir erleben das täglich in unserem Alltag!
Vielleicht, um beim Thema zu bleiben, würden mit mehr Hirn auch bessere Filme als dieser gequirlte Unsinn, der sich „Lucy“ nennt und seine verworrene Geschichte ziemlich humorfrei erzählt.
Damit wir nicht auf die Idee kommen, Luc Besson habe das Drehbuch unter Drogen-Einfluss geschrieben, gestattet er uns zwischendurch Ausflüge in eine Art „Discovery Chanel“ über die Funktion des menschlichen Gehirns bis es mit Lucy im Wunderland der Intelligenz dann weiter geht…
Lucy endet zum Schluss als USB-Stick: das ist zwar handlich, aber wenig lustvoll und auch nicht wirklich lustig. Mir ging es am Ende von „Lucy“ fast so, wie diesem Amok laufenden Protagonisten auf der Leinwand: Man möchte schreiend aus dem Kino laufen.
Eines muss man „Lucy“ freilich lassen: das Plakat gehört zum grafisch Besten, das ich in dieser Beziehung in letzter Zeit gesehen habe…
