Es gehört inzwischen bei den europäischen Filmfestspielen zum Guten Ton, Leinwandlegenden auf ihre alten Tage ins Rampenlicht zu holen und mit einem Ehrenpreis unterschiedlichster Provenienz aus-zuzeichnen. Damit zeigen die Verantwortlichen von Berlin bis Locarno, dass sie sich in der Filmgeschichte auskennen und sich außerdem darauf verstehen, ihren Veranstaltungen, die gerne in die Nähe des kurzfristigen Medieneffekts gerückt werden, eine gewissermaßen zeitlose menschliche Dimension zu geben.
Diesmal traf es sich in Locarno glücklich, dass Leslie Caron (Jahrgang 1931) eben ihre Autobiographie „Thank Heaven“ veröffentlicht hat, noch enorm rüstig ist und gerne der Offerte gefolgt ist, ein paar Tage an den Largo Maggiore zu reisen. Gestern hat die „Grand Dame“ aus „Der Amerikaner in Paris“ (1951) und „Gigi“ (1959) in Locarno ihr Buch vorgestellt (die englische Ausgabe ist bei „A plume Book“ für 16 Euro) erschienen.
Es ist mehr als der nostalgische Rückblick eines Stars, dessen große Zeit schon ein klein wenig zu rückliegt. Selbst gestandene Kulturredakteure in öffentlich-rechtlichen Anstalten müssen inzwischen erst einmal Wikipedia zu Rate ziehen, um sich über Leslie Caron kundig zu machen….
Nicht nur ihnen ist die Lektüre von „Thank Heaven“ sehr zu empfehlen. Der Titel bezieht sich auf das Chanson „Thank Heaven for little Girls“, das Maurice Chevalier in „Gigi“ singt. Ganz und gar uneitel stellt sich die Autorin als wachsame Chronistin einer Zeit im Umbruch vor. Sie hat als MGM-Star in den 1950er Jahren nicht nur den Untergang des klassischen Hollywood-Studio-Systems mit erlebt, sondern auch die Aufbrüche in der inter-nationalen Theaterszene.
Das hat Leslie Caron ganz intensiv als Partnerin des britischen Regisseurs Peter Hall miterlebt – mit dem sie eine Zeitlang verheiratet war, nachdem sie sich aus Amerika und ihrem kessen Backfisch-Image verabschiedet hatte. Die Bühne – und noch viel mehr – ihr Familienleben waren ihr wichtiger. Ihre letzte große Filmrolle spielte die Caron 2000 in Lasse Halströms zauberhaften „Chocolat“.
In Locarno konnte man eine nach wie vor hinreißende Leslie Caron erleben. Äußerlich das geschmackvolle Beispiel dafür, wie die Seg-nungen der modernen Kosmetik zur Akzentuierung der Persönlich-keit im Alter zu nutzen ist, ohne dass daraus eine Karikatur des einst jugendlichen Aussehens wird.
Dazu geistreich und alterweise die Beurteilung der Welt und des eigenen Egos. Leslie Caron empfiehlt: die Neugier und die Lust auf neue Erfahrungen nicht zu verlieren… Eine große (Lebens-)Künstlerin eben!
P.S. Auch der amerikanische Ausnahme-Regisseur Abel Ferara wurde dieser Tage in Locarno geehrt und präsentierte sich erstaunlich fit.
andrea krejci
hallo, suche den film Lili in deutschsprachiger ausstrahlung.
können sie mir helfen woher ich den film bekomme.
mfg andrea krejci
herbertspaich
Nein – gibt es leider im Moment (zumindest offiziell) nicht. Aber vielleicht hat jemand die „Lili“ doppelt und würde sie ihnen gerne verkaufen oder gar schenken..