Das traurige Ende der Marie-Antoinette am Beginn der Französischen Revolution im Juli 1789 ist eines der beliebtesten Sujets der Filmge-schichte. Nach dem Sophie Coppola vor ein paar Jahren die Tochter Maria-Theresias und Gattin Ludwig XVI. – dargestellt von Kirsten Dunst – filmisch auf das Schafott begleitet hat, ist es jetzt Diane Kruger in „Lebe wohl meine Königin“ des französischen Regisseurs Benoit Jacquot. Die Verfilmung des Bestsellers von Chantal Thomas eröffnete die diesjährige Berlinale und kommt diese Woche in die deutschen Kinos.
Der 14. Juli 1789 kündigte sich als heißer Sommertag an: verschwitzt und von Schnaken geplagt, erwacht Sidonie Laborde (Léa Seydoux) in ihrer Mansarde im Domestiken-Flügel des Schlosses von Versailles. Da gibt es keinen Prunk wie in den Gemächern der königlichen Familie. Kleine Misslichkeiten, die Sidonie gerne hinnimmt. Trotz jung an Jahren hat sie es bereits weit gebracht – zur Vorleserin der Königin Marie Antoinette (Diane Kruger). Immer pünktlich zur Stelle, wenn nach ihr verlangt wird.
Das Verhältnis zwischen der Königin und ihrer Zofe ist entspannt, fast freundschaftlich. Das liegt an Sidonies unverkrampftem Charme und ihrem Gespür für den literarischen Geschmack der Marie-Antoinette. Im Moment liest sie aus dem „Félicie“ von Pierre Carlet de Marivaux, einem der beliebtesten Bücher der Epoche…
Die pikante Lektüre und andere Gemeinsamkeiten bringen die Königin dazu, mit Ihrer Vorleserin auch über Intimes zu sprechen. Die Liebe Marie-Antoinettes gilt der Herzogin von Polignac. Die lesbische Beziehung zu ihrer Favoritin ist bei Hofe ein offenes Geheimnis. Im Moment haben der König und seine Administation aber andere Sorgen: Im Volke gärt es…
Die Französische Revolution aus der Küchenperspektive: Die Historikerin Chantal Thomas hat auf der Basis langjähriger Recherchen ihren Roman „Leb wohl, Königin“ geschrieben. Seine Bedeutung liegt in der authentischen Schilderung des Hof-Staates von Versailles, in dem der Sturm auf die Bastille zunächst nur wie ein fernes Donnergrollen ankommt. Als die Revolution dann auch Versailles erfasst, bricht das Chaos aus. Jeder versucht zu retten, was nicht mehr zu retten ist.
Benoit Jacquot ist ein versierter Regisseur nicht nur beim Film, sondern auch bei Oper und Schauspiel. Mit einer Vorliebe für historische Stoffe und große Starauftritte. Deshalb war Chantal Thomas Roman bei ihm in besten Händen – im Prinzip! Leider verirrte er sich in „Leb wohl meine Königin“ mit der Zeit dramaturgisch in den weiten Fluren des Schlosses von Versailles und verlor dabei die psychologische Stimmigkeit seiner Protagonisten. Außerdem gelang es Benoit Jacquot nicht, dem bescheidenen schauspielerischen Talent des Mannequins Diane Krüger in der Rolle Marie-Antoinettes mehr als nur hübsche Posen abzuringen. Auch Léa Seydouxs Sidonie bleibt blass. Wer bereit ist, das freundlich zu übersehen, den erwartet bei „Leb wohl, meine Königin“ die aufschlussreiche Beschreibung einer Revolution aus der „Froschperspektive“…