Finnland/Frankreich/Deutschland 2011
Regie: Aki Kaurismäki
Mit André Wilms, Kati Outinen, Jean-Pierre Darroussin, Blondin Miguel
Kinostart: 8. September 2011
Bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes überraschte Aki Kaurismäki mit erstaunlich optimistischen Film über einen schwieriges Thema: Armutsflüchtlinge. Während die meisten Filmemacher sich im Moment mit Krankheit, Tod und Trauer beschäftigen, eröffnet Kaurismäki in seinem neuen, in Frankreich gedrehten Film „Le Havre“ unerwartete Perspektiven. Etwas, das man von ihm, dem finnischen Melancholiker, zuletzt erwartet hätte.
Marcel Marx (André Wilms) ist in die Jahre gekommen, in denen der Mensch sich keine Illusionen mehr macht. Deshalb hat sich Marcel von der Hoffnung verabschiedet, ein berühmter Schriftsteller zu werden. Er verdient sich seinen Unterhalt statt dessen als Schuhputzer auf dem Bahnhof von Le Havre. Er betrachtet den Job nicht als demütigenden Abstieg an den Rand der Gesellschaft, sondern als Möglichkeit, Fremde kennen zu lernen und anschließend seinem Gedankenflug freien Lauf zu lassen. Außerdem ist da noch Arletty, seine Frau (Kati Outinen).
Marcels Leben gerät unversehens aus dem Lot, als bei Arletty eine lebensbedrohliche Krankheit festgestellt wird. Sie muss ins Krankenhaus. Außerdem kreuzt ein halbwüchsiger Flüchtling aus Afrika seinen Weg, der illegal nach Frankreich gekommen ist.
Spontan bringt Marcel Idrissa (Blondin Miguel) bei sich unter. Abgesehen von einem missgünstigen Nachbarn (Jean-Pierre Leaud) findet Marcel allgemeine Unterstützung bei seinem Akt der Mitmenschlichkeit. Selbst beim Kaufmann an der Ecke, der sich vor Kurzem noch geweigert hat, Marcel Kredit zu geben.
Beiläufig, ganz und gar unsentimental erzählt Aki Kaurismäki in „Le Havre“ von der Rettung eines Flüchtlings. Ideelle Hilfe und die Unterstützung mit Naturalien reichen nicht aus. Der Fluchthelfer verlangt für Idrissas Überfahrt von Le Havre nach England Bares. Dank seiner Kontakte aus früheren Zeiten gelingt Marcel die Organisation eines Benefiz-Konzerts mit der französischen Rock-Legende Little Bob.
In den Filmen Aki Kaurismäkis wird nie viel geredet. Wortkarg versuchen seine meist traurigen Helden mit den Stolpersteinen auf ihrem Lebensweg fertig zu werden. Mit knapper Not gelingt ihnen das meisten auch. Aber die Ungewissheit bleibt.
Ganz anders jetzt in „Le Havre“. Ohne wenn und aber beschreibt Kaurismäki einen Akt gelebter Humanität: Wenn einer sich traut, können die Anderen dahinter nicht zurück. Sogar der Kommissar von der Ausländerpolizei hat schließlich ein Einsehen. „Le Havre“ ist ein leiser, dabei aber nachhaltiger Appell, sehenden Auges durch die Welt zu gehen und einfach zu helfen, wenn Hilfe nottut! Der im besten Sinne berührender Beitrag eines Humanisten zu einem zentralen Thema unserer Zeit: den Umgang mit den Armutsflüchtlingen, die aus Afrika nach Europa kommen. „Le Havre“: das Kinoereignis dieses Jahres!