Kanada 2012
Regie: Xavier Dolan
Mit Melvil Poupaud, Suzanne Clément
Kinostart: 27. Juni 2013
Mit 20 überraschte Xavier Dolan mit seinem Regie-Debut „I killed my mother“. Er wurde als „Wunderkind“ des kanadischen Films gefeiert; ein neuer Rainer Werner Fassbinder! Auch in seinem neuen, dritten Film „Laurence Anyways“ setzt Dolan eine ungewöhnliche Geschichte mit eigenwilligen filmischen Aus-druck um. Der Film startet diese Woche in den deutschen Kinos.
Laurence sieht gut aus, wird als Lehrer von seinen Schülern wegen seines unkonventionellen Unterrichts geschätzt. Eine ebenfalls unkonventionelle Beziehung verbindet Laurence mit seiner Freundin Fred. Ihr gemeinsames Motto lautet: das Leben jenseits aufgetretener Pfade zu leben. Obwohl Fred mit Laurence schon Einiges mitgemacht hat, reagiert sie doch ziemlich konsterniert auf Laurence Geständnis, dass er sich immer schon als Frau fühlte und deshalb eine Geschlechtsumwandlung vor hat – ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag.
Nachdem Fred sich an den Gedanken gewöhnt hat, dass Laurence künftig eine Frau sein möchte, versichert sie ihm ihre absolute Solidarität. Schließlich liebt sie ihn. Seine Familie sieht das nicht so locker und betrachtet die Laune der Natur als peinlichen Fehltritt, Mutter und Vater gehen auf Distanz zum Sohn. An seinem Arbeitsplatz, der Schule, sorgt Laurence erster Auftritt als Frau für beträchtliches Aufsehen. Weniger bei den Kindern, als beim Kollegium.
Mutig versucht er seine äußerliche Veränderung als das Normalste von der Welt darzustellen. Freds Unterstützung hilft ihm dabei. Eine Trennung kommt nicht in Frage. Ihre Gefühle zu einander sind unverändert. Doch sie leben nicht isoliert, sondern im Kontext einer Gesellschaft, die auf eine Geschlechtsum-wandlung nach wie vor mit Ablehnung reagiert.
Also auch bei Laurence und Fred wird die Haut dünner, die Verletzlichkeit größer. Keine Liebe ohne Abnutzung! Xavier Dolan hat seinen Film „Laurence Anyways“ im klassischen, nahezu quadratischen Kinoformat gedreht, das heute kaum mehr gebräuchlich ist. Bereits daran zeigt sich, dass junge Regisseur auch diesmal wieder mit konventioneller Dramaturgie und den üblichen Sehgewohnheiten des Publikums bricht. Laurence Geschlechtsumwandlung interessiert Dolan weniger das Dilemma eines Menschen, der darunter leidet in, einem falschen Körper Er schreibt dazu:
„Um das ganz klar zu sagen: Ich möchte selbst keine Frau sein! Mein Film ist eine Hommage an die ultimative Liebesgeschichte: voller Ambitionen! Unmöglich, eine Liebe, die spektakulär und grenzenlos sein soll. Die Liebe, von der wir nicht zu träumen wagen; die Liebe, die nur im Kino, in den Büchern und in der Kunst vorkommt…“
Dafür findet Xavier Dolan eine Bildsprache, wie man sie selten auf der Leinwand zu sehen bekommt, ohne sich dabei in purem Formalismus zu verlieren. Er ordnet seine visuelle Phantasie stets der Beschreibung einer existentiellen Krise unter. Wobei es um die Frage nach der Zukunft einer Liebe geht, wenn sich Partner verändern. Eine sensationelle Regie und charismatische Schauspieler machen aus „Laurence Anyways“ einen der Kinohöhepunkte der Saison!