Deutschland 2010
Regie: Simone Jung
Mit Regina Halmich
Kinostart: 3. Juni 2010
Spätestens nachdem die ARD und das ZDF Profi-Boxveranstaltungen live als samstagabendlichen Event präsentieren, Boxer wie die Gebrüder Klitschko gern gesehene Gäste in Talkshows sind, hat sich diese Sportart aus dem Rotlichtmilieu entfernt und ist seriös geworden. Nur am Frauenboxen hing lange noch der Makel des Unschicklichen – bis Regina Halmich aus Karlsruhe kam und es zu Weltmeisterehren brachte. Sie wurde als „Königin im Ring“ apostrophiert. „Königin im Ring“ heißt auch der Dokumentarfilm, den Simone Jung über Regina Halmich gedreht hat. Die Premiere ist am 3. Juni in Karlsruhe.
Daran werden auch die schrillen Misstöne nichts andern, die Regina Halmich am 1. Juni im „Hamburger Abendblatt“ verlauten ließ. Der Boulevard-Gazette vertraute die „Box-Queen“ an: „Ich bin nie so ausgetrickst worden!“ Das will ausgerechnet in der Profi-Boxbranche etwas heißen!
Hat die Regisseurin des Dokumentarfilms „Königin im Ring“, Simone Jung, in der schmutzigen Wäsche daheim bei Halmichs in Karlsruhe gewühlt, war sie auf der Suche nach Doping-Sünden oder illegitimen Kindern, unbezahlten Rechnungen oder anderen Peinlichkeiten? Nein!
Frau Halmich ist von Jung verschwiegen worden, dass „Königin im Ring“ nicht nur im Fernsehen, sondern auch im Kino gezeigt werden soll. Andere wären dafür dankbar.
Begründung der Ex-Boxerin warum sie deshalb die Gerichte bemühte: „Ich will nicht ins Kino. Das sollte solchen Dokumentationen wie dem „Sommermärchen“ oder der Fußballnationalmannschaft vorbehalten bleiben. Die Regisseurin hat sich mein Vertrauen und das meiner Eltern erschlichen und uns arglistig getäuscht. Zur Premiere gehe ich nicht!“
Das wird man glatt verkraften können! Zu fragen ist allerdings schon, ob sich hier nicht doch jemand in den Vordergrund schieben will, der in letzter Zeit etwas aus dem Rampenlicht gerückt ist. Im Mittelpunkt des Interesses am Film steht nun einmal nicht die abgehalfterte Protagonistin, sondern die hochtalentierte Regisseurin. Sie ist für „Königin im Ring“ inzwischen mit dem Hessischen Filmpreis ausgezeichnet worden. Im Übrigen wird für den Kinostart des Films seit Monaten geworben – siehe Trailer weiter unten! Also Frau Halmich, ab und zu mal ins Kino gehen. „Prince of Persia“ wäre doch was für ehemalige Boxerinnen…
Hier die Stellungnahme des Progress Filmverleihs zur Posse, die inzwischen das Oberlandesgericht Karlsruhe beschäftigt:
„Die PROGRESS Film-Verleih Gmbh hat auf Grundlage eines rechtsgültigen Vertrages mit der Produktionsfirma jungwiehagen Film GmbH den Kinoverleih des Films „Königin im Ring“ übernommen. PROGRESS hat sich von Beginn an stark für den mit dem Hessischen Filmpreis ausgezeichneten Film eingesetzt, weil der Verleih von der künstlerischen und inhaltlichen Qualität des Films überzeugt war. In die rechtliche Auseinandersetzung von Frau Halmich ist PROGRESS nicht involviert. Frau Halmich und ihre Familie wurden stets über alle Aktivitäten von PROGRESS informiert. Presseanfragen wurden entsprechend weitergeleitet. PROGRESS bedauert die Auseinandersetzungen zwischen der Produktionsfirma und Regina Halmich außerordentlich, die auch das große Engagement von PROGRESS für den Film beeinflussen. PROGRESS wird den Film dennoch wie vorgesehen am 3. Juni im Kino starten. Die Premiere wird daher planmäßig am 03.06. um 19 Uhr im Filmtheater Schauburg in Karlsruhe stattfinden. Das Team mit Regisseurin, Cutter und Kameramann wird vor Ort sein.“
Eigentlich muss sich Progress ja bei Regina Halmich recht herzlich für die kostenlose Promotion bedanken, die sie dem Film verschafft hat. So kommt der Film aus dem Feuilleton unversehens auf die Sportseite und ins Vermischte. Dahin hätte diesen kleinen Dokumentarfilm selbst der größte Werbeaufwand nicht gebracht!
Aber jetzt zum Film, der auch ohne Zicken Beachtung verdient:
Regina Halmich, Tochter aus gutem Hause, fühlte sich schon mit 15 zum Kampfsport hingezogen. Sie gewann im Kick-Boxen eine Meisterschaft nach der anderen. Als ob es bei dieser Sportart nicht schon ruppig genug zuginge, wechselte Regina zu den Profi-Boxern. Trainierte mit schlagkräftigen Herrn wie Dariusz Michalczewski bei Klaus Peter Kohl in Hamburg.
Regina Halmich machte nicht nur im Box-Ring eine gute Figur, sondern auch im Fernsehen: Hübsch, charmant und sehr kapriziös verkörperte sie mediengewandt das Ideal der sportiven jungen Frau. Es gelang ihr sogar, Stefan Raabs „TV Total“ zur eigenen Promotion-Show umzufunktionieren. Der Auftritt – verbunden mit einem Spaßfight mit dem pummeligen Moderator – verhalf Regina Halmich zum Rang eines Lieblings der Nation.
Auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere zog sich Regina Halmich 2008 vom Boxen zurück, um als TV-Moderatorin und Herausgeberin von Fitness-Ratgebern weiterhin öffentlich präsent zu sein. Die ebenfalls aus Karlsruhe gebürtige Dokumentaristin Simone Jung hat die „Ikone des deutschen Frauenboxens“ auf ihrem Rückzug aus dem Boxgeschäft mit der Kamera begleitet.
Ihr Film „Königin im Ring“ ist das sympathische Portrait einer Ausnahmepersönlichkeit. Bei aller Vertrautheit lässt die Regisseurin keinen Zweifel daran, dass Profi-Boxen kein Breitensport ist und man dabei gewaltig verprügelt werden kann. Halmich machte diese Erfahrung zum Beispiel bei einem Kampf in Las Vegas.
In diesen Momenten ahnt der Zuschauer, das die tragische Geschichte von Eastwoods „Million Dollar Baby“ der Realität vermutlich näher kommt, als der ungewöhnliche Aufstieg Regina Halmichs über das Boxen zum Medienstar. Sie hatte viel Glück. Das wird von Simone Jung eindrücklich am Verhältnis von Halmichs Eltern zum Sport ihrer Tochter dargestellt, die sich ihre Kämpfe nie live ansehen konnten.
Die Qualität des Dokumentarfilms „Königin im Ring“ zeigt sich in der ausgewogenen Balance, mit der die Regisseurin das Verhältnis zwischen Vertraulichkeit und Distanz zu ihren Protagonisten hält. Boxen wird von ihr weder heroisch stilisiert noch als abstoßendes Gewaltspektakel vorgeführt. Es ist der nüchterne Blick Simone Jungs auf eine Subkultur, der „Königin im Ring“ zu einer der besten Sport-Dokumentationen der letzten Zeit macht.
SWR2 Journal am Morgen vom 2.6.2010
Die Filmbesprechung wurde aufgenommen, bevor die Kritik von Regina Halmich bekannt wurde.
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Ramon Baur
Nicht was ich betrachte, sondern was ich sehe, das ist für mein Empfinden entscheidend. Will ich eine Dokumentation “ über “ Regina Halmich sehen oder schaue ich mir eine Dokumentation “ von “ Simone Jung an. Als Presse- und/oder Medienvertreter noch Informanten/Botschafter/Mittler waren, hielten diese sich vornehm im Hintergrund und der/die Protagonisten standen im Mittelpunkt. Von ganz unten darf ich Ihnen da oben mitteilen: für mich selbst ist der Inhalt der Dokumentation im Vordergrund: nicht wer sie hergestellt hat. Um so erfreulicher wenn die Arbeit gelungen ist, wie in diesem Falle. Mit einem Kübel voller Häme kann dann ein weitere sich Wíchtignehmer das gesamte Geschehen in sein rechtes Licht rücken und seinerseits auf einentsprechendes Schulterklopfen beziehungsweise öffentliche Preisverleihung für das getane, warten.
Herbert Spaich
Lieber Herr Bauer,
ich betrachte mich weder als einer von „Oben“, noch sind Sie die Stimme von „Unten“. Bitte keine Profilneurosen! Außerdem sind wir ja einer Meinung: Wenn Sie vielleicht meine Besprechung von „Königin im Ring“ noch einmal durchlesen/hören. Sie werden feststellen, dass ich den Film sehr positiv gewürdigt habe. Kritisiert habe ich allerdings die Art und Weise wie Frau Halmich die Regisseurin angegriffen hat. Das ist ärgerlich und dem habe ich Ausdruck verliehen…. Oder finden Sie das in Ordnung?
Es grüßt
Ihr
Herbert Spaich
Marco Junck
Toller Film!