Deutschland 2011
Regie: Sebastian Dehnhardt
Mit Vitali & Wladimir Klitschko
Kinostart: 16. Juni 2011
Sie sind die Lieblinge des Boulevards, des Feuilletons und der Fans: Modellathleten wie aus dem Bilderbuch. Über zwei Meter groß und mit entwaffnendem Charme außergewöhnlich mediengewandt. Strahlemänner, von denen Schwiegermütter träumen. Da stört es nicht weiter, dass sie als Boxer Karriere gemacht haben. Vitali und Wladimir Klitschko genießen selbst bei denen Anerkennung, die Boxen gemeinhin für eine zweifelhafte Angelegenheit halten. Außerdem sind sie akademisch gebildet. Man könnte meinen, sie seien Zwillinge. Sind sie aber nicht: Vitali ist fünf Jahr älter als Wladimir. Jetzt gibt es also einen Kinofilm über sie.
Sebastian Dehnhardt hat viel Erfahrung im Dokumentarfilm. Wobei er bisher vorzugsweise bei der kurzen Form zu Hause war. An Filmmaterial über die Klitschko-Brüder ist ein kein Mangel. Dehnhardt beschränkte sich allerdings nicht auf die bloße Kompilierung von bereits Vorhandenem.
Es ist ihm gelungen, mit den Stars ins Gespräch zu kommen: auch Mutter und Vater sind mit von der Partie, ebenso Vitalis schöne Gattin Natalia.
Zu den stärksten Momenten in dem Film „Klitschko“ gehört die Schilderung Vitalis über seine zeitweise Kindheit in Tschernobyl. Als Armee-Angehöriger wurde Vater Klitschko 1989 in das havarierte Kernkraftwerk geschickt. Heute hat er Krebs.
Darüber hinaus konzentrierte sich Dehnhardt in erster Linie auf die Chronik der sportlichen Karriere der Brüder, lässt Trainer, Promoter, Gegner im Ring und weitere Zeitgenossen zu Wort kommen. Das ist kurzweilig und gibt einen Einblick in die Welt des Profiboxens: „Boxen ist kein Witz“ sagt Vitali Klitschko. Aber es hat was, so richtig zuzuhauen – vor allem wenn einen die Natur mit entsprechender Schlagkraft und enormer Reichweite gesegnet hat.
Die kalkulierte Körperverletzung gehört nun mal bei diesem Sport dazu. Im Gegensatz zu der Übertragung von Box-Veranstaltungen im Fernsehen, wo die Blessuren nur von Ferne zu sehen sind, zeigt dieser Film in Großaufnahme, dass es sich dabei um üble Verletzungen handeln kann. Selbst Könner wie die Klitschkos sind davor nicht gefeit.
Darüber hinaus sind die Beiden nicht nur Profis im Ring, sondern auch im Umgang mit den Medien. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie vor Sebastian Dehnhardts Kamera nur so viel preis geben, wie sie es für richtig halten. Heben nur einen kleinen Zipfel ihres Privatlebens zur Imagepflege.
Wir erfahren zum Beispiel über Vitalis Politkarriere in der Ukraine nicht mehr, als aus den Nachrichten sowieso bereits bekannt ist. Auch bei der Erörterung von Niederlagen wird der Eine wie der Andere ziemlich schmallippig. Aber vielleicht will man das auch so genau gar nicht wissen.
Immerhin hat es Dehnhardt über weite Strecken vermieden, sich von Vitali und Wladimir Klitschko instrumentalisieren zu lassen. Gelegentliches „Schattenboxen“ zwischen Regisseur und Protagonisten gibt dem Film „Klitschko“ eine weitere reizvolle Dimension.
Wobei man sich von der Illusion verabschieden muss, die millionenschweren Medienstars bzw. ihre Agenturen würden bei einem Filmprojekt wie diesem, das Heft aus der Hand geben…
Unter diesen Voraussetzungen ist aus „Klitschko“ ein ansehnlicher Film geworden…