Deutschland/Schweiz 2011
Regie: Pepe Danquart
Kinostart: 19. Mai 2011
Pepe Danquart hat ein Händchen für Außergewöhnliches: Mit seinem Frühwerk „Schwarzfahrer“ kam er 1994 zu Oscar-Ehren („Bester Kurzfilm). 1997 begleitete er Hans Koschnick auf seiner heiklen Vermittlungsmission nach Mostar. „Nach Saison“ war das so eindrucksvoll wie beunruhigende Ergebnis über die Ohnmacht der Europäer im Balkan-Konflikt etwas auszurichten. Immerhin konnte Koschnick erreichen, dass die berühmte Brücke wieder aufgebaut wurde…
Danach war Pepe Danquart mit Eishockey-Spielern („Heimspiel“, 2000), Radrennfahrern („Höllentour, 2004) und Extremkletterern („Am Limit“, 2007) unterwegs. Die mit enormem Aufwand gedrehten Langzeit-Dokumentationen sind sein Metier. Spielfilme (z. B. „Basta –Rotwein oder Totsein“, 2004) nur bedingt seine Sache.
Jetzt war Pepe Danquart nach den Ausnahmesportlern, einem Ausnahme-Politiker auf der Spur, um heraus zu finden, wie es dem Sponti Joschka gelungen ist, der angesehene Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Herr Fischer, zu werden.
Im Gegensatz zu den verbal nicht ganz so gewandten Extrem-Sportlern hatte es Danquart diesmal mit einem äußert eloquenten Politiker zu tun, bei dem Selbstinszenierung zum Metier gehört.
Dessen war sich Pepe Danquart wohl bewusst. Deshalb ließ er Joschka Fischer auch nicht im Büro oder im heimischen Ambiente über sich und Welt reflektieren, sondern konfrontierte ihn in einer Video-Installation in einer Fabrikhalle mit Stationen aus 60 Jahren Bundesrepublik.
Da irritiert es zunächst, wenn wir Herrn Fischer zusehen bzw. –zuhören, wie er die Bilder einer Ausstellung zur eigenen Biographie in Verbindung setzt.
ABER: Er macht das sympathisch! Und so lassen wir uns nicht ungern auf das Spiel mit Erinnerungen, Betroffenheiten und Anekdotischem ein. Klar, Pepe Danquert mag Joschka Fischer! Warum auch nicht? Es gibt viele, wesentlich unangenehmere Politiker.
Dabei verdient Danquart auch Lob dafür, wie es ihm in „Joschka und Herr Fischer“ gelungen ist, aus dem Meer der medialen Präsenz seines Protagonisten doch noch neue Bilder zu fischen.
Danquart ist nun mal kein Michael Moore und deshalb treibt er seinen Joschka Fischer auch nicht in irgendeine Ecke, um ihn zu schlachten. Wer das von diesem Film erwartet, wird enttäuscht! Stattdessen bekommt der Zuschauer die taktvolle Beschreibung der Seelenlage eines Zeitgenossen geboten, der die Entwicklung unseres Landes mit Betroffenheit, Engagement und gelegentlicher Wut verfolgt und ein Stück weit mitgestaltet hat. Das macht den Wert dieses Filmes aus!
Hört sich sehr interessant an.