USA 2012
Regie: Clint Eastwood
Mit Leonardo DiCaprio, Naomi Watts, Armie Hammer, Judi Dench
Kinostart: 19. Januar 2012
John Edgar Hoover war über Jahrzehnte die „graue Eminenz“ im Hintergrund der amerikanischen Innen- und Außenpolitik. Als Gründer und langjähriger Chef des FBI trug er zwar wesentlich zur modernen Verbrechensbekämpfung bei, als dogmatischer Anti-Kommunist war er aber wesentlich an der „Hexenjagd“ auf Linke in den USA in den 1950er Jahren beteiligt. Mit allem ihm zu Gebote stehenden Mitteln – physische und psychische Gewalt eingeschlossen – versuchte Hoover beispielsweise die Bürgerrechtsbewegung des Nobelpreisträger Martin Luther King zu verhindern. Clint Eastwood beschäftigt sich in seinem neuen Film „J. Edgar“ mit der umstrittenen Persönlichkeit Hoovers.
Am 1. März 1932 wird das wenige Monate alte Baby von Charles Lindbergh entführt. Seit seiner Ozean-Überquerung 1927 eine amerikanische Institution. Entsprechend schockiert reagiert die Öffentlichkeit auf das Verbrechen. Die Aufklärung droht im Gestrüpp der unterschiedlichen Kompetenzen von regionaler und Bundespolizei hängen zu bleiben. Der Leiter des Federal Bureaus of Investigation, FBI, des Justizministeriums, J. Edgar Hoover, sieht Handlungsbedarf und bringt kurze Zeit später im Senat ein Gesetz ein, das als „Lindbergh-Gesetz“ Justizgeschichte machen wird.
Über die Umsetzung des „Lindbergh-Gesetzes“ in die Praxis wacht Hoover persönlich. Dafür baut er das FBI konsequent zu einer eigenen Behörde aus, die in der Lage ist, nicht nur die Polizei, sondern sämtliche Bereiche des Öffentlichen Lebens zu kontrollieren.
Hoover führt das FBI mit eiserner Hand. Misstrauisch gegenüber Allem und Jedem. Nur ein kleiner Kreis von Mitarbeitern genießt sein Vertrauen. Penibel läßt er nicht nur Verbrecher-Karteien anlegen, sondern Dossiers über Politiker und andere Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens – von Charles Chaplin bis Frank Sinatra und den Bürgerrechtler Martin Luther King. Hoover zögert nicht, seine Informationen zur eigenen Machtentfaltung einzusetzen. Getreu seinem Motto „Wissen ist Macht, und Furcht bietet Chancen“. Furcht hatte der mächtige Hoover selbst nur vor seiner Mutter.
Clint Eastwood legte bei seinem Film „J. Edgar“ den Schwerpunkt auf den privaten Hoover. Blickt damit hinter die Fassade eines Macht-Menschen, der sich in missionarischem Eifer als das gute Gewissen der amerikanischen Nation erlebte – dabei ständig im Dienst für das Vaterland.
„J. Edgar“ erzählt Hoovers Karriere in Form einer langen Rückblende, in der er die Stationen seines Lebens für seine (fiktive) Autobiographie einem Mitarbeiter diktiert. Dabei ist Clint Eastwood nicht an der Demontage des FBI-Gründers gelegen,an den man sich vor allem als beinharten Antikommunisten erinnert: Hoover war mehr! Clint Eastwood sagt über ihn:
Er begann seine Karriere mit 22! Ein ehrgeiziger junger Mann mit einem enormen Selbstbewusstsein. Clever, mit einem siebten Sinn für gesellschaftspoltische Stimmungen. Die nutzte er ziemlich skrupellos aus – für sich persönlich und das FBI. Nach und nach bekam das dann etwas Paranoide und überschattet seine unbestrittenen Verdienste.
Mit „J. Edgar“ hat Clint Eastwood einen souverän inszenierten Film über eine zwiespältige Persönlichkeit gedreht; Hoover benutze seinen Job, um damit eine innere Zerrissenheit ebenso zu kompensieren, wie seine Homosexualität. Zu den großen Momenten dieses Meisterwerks gehört die Beschreibung der unbekümmerten Art und Weise, mit der Hoover gelegentlich die Wahrheit manipulierte, um sich selbst zum Helden zu stilisieren. Eastwood gelingen diese Zwischentöne mit leichter Hand.
Dabei hat ihm natürlich sein Hauptdarsteller wesentlich geholfen: Leonardo DiCaprio verkörpert Hoover als jungen und als alten Mann. Er spielt seine Rolle dermaßen intensiv, dass es einem gar nicht auffällt, dass die Maskenbildner dabei viel zu tun hatten. Das Ergebnis ist ein in jedem Moment spannender Film – Psychogramm einer Ausnahmepersönlichkeit und zugleich eine aufschlussreiche Lektion in amerikanischer Geschichte des 20. Jahrhunderts!
andy
Bin schon sehr gespannt darauf, am Wochenende geht’s endlich ins Kino. Mal sehen, sie sich der Herr DiCaprio schlägt.